Selbstwirksamkeit
In der Psychologie ist die Selbstwirksamkeit (Self-Efficacy) ein zentrales Konzept, das maßgeblich vom Psychologen Albert Bandura im Rahmen seiner sozial-kognitiven Lerntheorie entwickelt wurde.
Selbstwirksamkeit beschreibt die innere Überzeugung eines Menschen, dass er Herausforderungen und schwierige Situationen aus eigener Kraft und mit seinen Fähigkeiten erfolgreich bewältigen kann.
Es geht dabei nicht darum, tatsächlich alle Fähigkeiten zu besitzen, sondern vielmehr um den Glauben an die eigene Handlungskompetenz, um ein gewünschtes Ergebnis zu erzielen.
1. Definition und Bedeutung
- Kern:
Die Selbstwirksamkeitserwartung ist die optimistische Erwartung, durch eigenes Handeln etwas bewirken und kontrollieren zu können. - Wirkung:
Menschen mit hoher Selbstwirksamkeit…- …nehmen schwierige Aufgaben eher als Herausforderung denn als Bedrohung wahr.
- …setzen sich höhere Ziele.
- …zeigen eine größere Ausdauer und höhere Frustrationstoleranz bei Rückschlägen.
- …schreiben Misserfolge eher mangelnder Anstrengung oder ungünstigen Umständen (veränderbaren Faktoren) zu, nicht fixen, unveränderbaren eigenen Unfähigkeiten.
- Abgrenzung:
Selbstwirksamkeit ist nicht dasselbe wie Selbstwertgefühl (das sich auf den allgemeinen Wert der eigenen Person bezieht) oder Selbstvertrauen (das den Glauben an die eigenen Stärken allgemein beschreibt). Selbstwirksamkeit ist spezifischer und konzentriert sich auf die Fähigkeit, aktiv Einfluss zu nehmen.
2. Die 4 Quellen der Selbstwirksamkeit (nach Bandura)
Nach Bandura wird die Selbstwirksamkeit hauptsächlich durch vier Informationsquellen geformt und gestärkt:
1. Eigene Erfolgserlebnisse (Mastery Experiences)
Dies ist die wichtigste und wirksamste Quelle. Das erfolgreiche Meistern von Herausforderungen in der Vergangenheit stärkt die Überzeugung, auch zukünftige Aufgaben bewältigen zu können. Jeder gemeisterte Schritt, jeder erreichte Teil-Erfolg, baut dieses Fundament auf.
2. Stellvertretende Erfahrung (Vicarious Experience)
Die Beobachtung, wie andere Personen, die uns ähnlich sind, eine schwierige Aufgabe erfolgreich bewältigen (Lernen am Modell), erhöht unsere eigene Zuversicht. Wenn sie es schaffen, kann ich es auch.
3. Verbale Ermutigung (Social Persuasion)
Zuspruch, positives Feedback und Aufmunterung von vertrauenswürdigen und kompetenten Personen („Du schaffst das!“) können motivieren und den Glauben an die eigenen Fähigkeiten temporär stärken. Die Wirkung ist jedoch geringer als die eigene Erfolgserfahrung.
4. Emotionale/Physiologische Zustände
Die Interpretation unserer körperlichen Reaktionen in Stresssituationen beeinflusst die Selbstwirksamkeit. Wer Herzklopfen vor einer Prüfung als „Ich bin nicht fähig“ deutet, senkt seine Selbstwirksamkeit. Wer die gleichen Symptome als „Ich bin aufgeregt und bereit für die Herausforderung“ interpretiert, behält sie bei oder steigert sie. Ein gelernter Umgang mit Stress und Angst ist hier entscheidend.
3. Selbstwirksamkeit stärken: Praktische Ansätze
Da Selbstwirksamkeit eine erlernbare Überzeugung ist, kann sie gezielt gestärkt werden:
- Kleine, machbare Ziele setzen:
Um Mastery Experiences zu sammeln, ist es wichtig, sich zunächst realistische, erreichbare Ziele (z. B. nach der SMART-Methode) zu setzen und die Schwierigkeit schrittweise zu steigern. - Erfolgstagebuch führen:
Machen Sie sich die eigenen Erfolge bewusst. Notieren Sie abends mindestens drei Dinge, die Ihnen durch Ihr eigenes Handeln gut gelungen sind – egal wie klein sie erscheinen. - Herausforderungen suchen:
Verlassen Sie bewusst Ihre Komfortzone und stellen Sie sich neuen Situationen, um zu erleben, dass Sie auch Unbekanntes bewältigen können. - Vorbilder suchen:
Identifizieren Sie Personen, die ähnliche Schwierigkeiten wie Sie erfolgreich gemeistert haben, und analysieren Sie deren Strategien.
Die Selbstwirksamkeit ist ein wichtiger Resilienzfaktor, da sie maßgeblich dazu beiträgt, wie Menschen mit Krisen, Stress und Misserfolgen umgehen. Sie ist der Motor für Motivation und Durchhaltevermögen.
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