Psychotherapie
Psychotherapie (wörtlich: „Behandlung der Seele“) ist ein wissenschaftlich fundiertes Heilverfahren, das zur Feststellung, Heilung oder Linderung von psychischen Störungen mit Krankheitswert eingesetzt wird. Sie basiert auf psychologischen Methoden und Techniken, die in einer regelmäßigen, vertrauensvollen Interaktion zwischen Patient und Therapeut angewendet werden, um krankheitsverursachende Faktoren zu verstehen und zu verändern.
Kernmerkmale der Psychotherapie
- Heilbehandlung
Das wichtigste Merkmal ist, dass eine diagnostizierte psychische Störung (z. B. Depression, Angststörung, Essstörung, Suchterkrankung) vorliegen muss. - Wissenschaftliche Grundlage
Sie beruht auf psychologischen Theorien und empirisch erprobten Methoden. In Deutschland gibt es vier Hauptverfahren, deren Kosten von den Krankenkassen übernommen werden können:- Verhaltenstherapie (VT)
Fokussiert auf die Veränderung aktuell störender Gedanken, Gefühle und Verhaltensmuster. - Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
Konzentriert sich auf aktuelle Konflikte und nicht bewältigte Beziehungserfahrungen aus der Vergangenheit. - Analytische Psychotherapie/Psychoanalyse
Zielt auf das Bewusstmachen und die tiefgreifende Bearbeitung unbewusster, konflikthafter Muster aus der frühen Lebensgeschichte. - Systemische Therapie
Betrachtet den Menschen im Kontext seiner sozialen Systeme (Familie, Partnerschaft) und arbeitet an der Veränderung von Interaktionsmustern.
- Verhaltenstherapie (VT)
- Ziel
Das Hauptziel der Psychotherapie ist die Linderung des psychischen Leidensdrucks, die Beseitigung der Symptome und die Wiederherstellung der psychischen Gesundheit und Handlungsfähigkeit.
Wie wirkt Psychotherapie?
Der Schweizer Psychologe und Psychotherapieforscher Klaus Grawe identifizierte auf Basis zahlreicher und umfassender Metaanalysen die fünf allgemeine Wirkfaktoren für Psychotherapie.
Die fünf allgemeinen Wirkfaktoren der Psychtherapie
| Wirkfaktor | Beschreibung | Ziel in der Therapie |
| 1. Therapeutische Beziehung | Die Qualität der Beziehung und die emotionale Verbindung zwischen Patient und Therapeut. | Aufbau von Vertrauen, Empathie und einer positiven, tragfähigen Arbeitsallianz. |
| 2. Problemaktualisierung | Die Konfrontation mit den relevanten Problemen und dysfunktionalen Schemata. Das Problem soll im Hier und Jetzt (z.B. durch Rollenspiele oder Imagination) erlebbar gemacht werden. | Die Patienten müssen das Problem spüren und konkret erleben, damit es bearbeitet werden kann. |
| 3. Problembewältigung | Das tatsächliche Erleben und Einüben von neuen, funktionalen Bewältigungsstrategien im Umgang mit den zuvor aktualisierten Problemen. | Patienten lernen und üben alternative Verhaltensweisen (Kognitiv, emotional und motorisch). |
| 4. Motivationale Klärung | Die Bewusstmachung der dysfunktionalen Schemata und der zugrundeliegenden Konflikte. Es geht darum, das Leidensmotiv und die Motivation für die Veränderung zu verstehen. | Die Patienten erkennen, warum sie so handeln, und gewinnen Einsicht in ihre Muster. |
| 5. Ressourcenaktivierung | Die gezielte Nutzung der bereits vorhandenen Stärken, Fähigkeiten, Interessen und unterstützenden sozialen Beziehungen der Patienten. | Stärken werden aktiv in den Veränderungsprozess eingebunden, um die Selbstwirksamkeit zu erhöhen. |
Abgrenzung zur Psychologischen Beratung
| Merkmal | Psychotherapie | Psychologische Beratung |
| Anlass | Vorliegen einer psychischen Störung mit Krankheitswert (diagnostiziert). | Alltags-, Lebens- oder Beziehungskonflikte bei prinzipiell psychisch gesunden Menschen. |
| Ziel | Heilung oder deutliche Linderung einer psychischen Erkrankung. | Förderung der Selbsthilfe, Bewältigung einer akuten Krise, Verbesserung der Lebensqualität. |
| Kosten | Werden bei zugelassenen Verfahren häufig von den Krankenkassen übernommen. | Muss in der Regel selbst finanziert werden (Ausnahme: staatliche oder kirchliche Beratungsstellen). |
| Tiefe | Arbeitet an den tieferliegenden Ursachen und Mustern. | Konzentriert sich stärker auf aktuelle Lösungen und Ressourcen. |
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