Richtlinienverfahren
Richtlinienverfahren in der Psychotherapie sind diejenigen Behandlungsverfahren, deren Kosten in Deutschland von den gesetzlichen Krankenkassen (GKV) übernommen werden.
Es handelt sich dabei um Therapieformen, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) als wissenschaftlich anerkannt, medizinisch notwendig und wirtschaftlich eingestuft wurden. Diese Verfahren sind in der sogenannten Psychotherapie-Richtlinie geregelt.
Merkmale von Richtlinienverfahren
- Wissenschaftliche Anerkennung
Die Wirksamkeit der Verfahren zur Behandlung psychischer Störungen mit Krankheitswert muss durch wissenschaftliche Studien belegt sein. - Kostenerstattung
Nur für Richtlinienverfahren werden die Kosten der Behandlung in der ambulanten Versorgung von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, nachdem ein entsprechender Antrag gestellt und genehmigt wurde. - Regulierte Rahmenbedingungen
Die Richtlinie legt auch fest, welche Qualifikationen Therapeuten für die Abrechnung benötigen (Approbation) und wie die Therapie strukturiert ist (z. B. Anzahl der Sitzungen für Kurz- oder Langzeittherapie).
Die aktuellen Richtlinienverfahren
Derzeit (Stand 2024) werden in Deutschland vier Verfahren als ambulante Richtlinienverfahren anerkannt und von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet:
- Verhaltenstherapie (VT)
Fokus liegt auf der Veränderung von problematischen Verhaltensweisen, Gedanken und Gefühlen, die als erlernt angesehen werden. - Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (TP)
Fokus liegt auf dem Verständnis aktueller Beschwerden im Zusammenhang mit unbewussten inneren Konflikten und Beziehungserfahrungen, die in der Vergangenheit liegen. Sie ist stärker auf aktuelle Konflikte begrenzt als die Psychoanalyse. - Analytische Psychotherapie (AP)
Dieses Verfahren geht am tiefsten und ist am langfristigsten angelegt. Es zielt auf das Bewusstmachen und die umfassende Aufarbeitung unbewusster Konflikte und frühkindlicher Erfahrungen ab, um eine tiefgreifende Umstrukturierung der Persönlichkeit zu erreichen. - Systemische Therapie (ST)
Der Fokus liegt nicht nur auf der einzelnen Person, sondern auf ihren sozialen Beziehungen und Interaktionen (z. B. in der Familie, Partnerschaft oder am Arbeitsplatz). Probleme werden als Ausdruck von Störungen im System angesehen, an dessen Lösung die wichtigsten Bezugspersonen beteiligt werden können (Mehrpersonensetting). (Die Systemische Therapie wurde 2019 als Richtlinienverfahren für Erwachsene anerkannt.)
Wichtig: Es gibt auch andere wirksame Therapieformen (z. B. Gesprächspsychotherapie), deren Kosten die gesetzlichen Krankenkassen in der ambulanten Versorgung in der Regel jedoch nicht übernehmen.
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