Antisoziale Persönlichkeitsstörung (APS)

Die Antisoziale Persönlichkeitsstörung (APS), im deutschsprachigen Raum oft als Dissoziale Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F60.2) bezeichnet, ist eine schwere Form der Persönlichkeitsstörung aus dem Cluster B („dramatisch, emotional, erratisch“).

Sie ist durch ein tiefgreifendes und überdauerndes Muster der Missachtung und Verletzung der Rechte anderer gekennzeichnet. Die Betroffenen zeigen oft Mangel an Empathie und Reue, verbunden mit verantwortungslosem, impulsivem und manipulativem Verhalten.

Kernmerkmale und Symptome

Die Diagnose erfordert das Auftreten eines Musters von Missachtung und Verletzung der Rechte anderer, das seit dem Alter von 15 Jahren besteht. Die betroffene Person muss zum Zeitpunkt der Diagnose mindestens 18 Jahre alt sein.

Zentrale Kriterien (nach DSM-5 und ICD-10)

MerkmalBeschreibung
Gefühlskälte und EmpathiemangelFehlendes Einfühlungsvermögen und Gleichgültigkeit gegenüber den Gefühlen und dem Leid anderer.
Missachtung sozialer NormenUnfähigkeit, sich an Gesetze und gesellschaftliche Normen anzupassen, was sich in wiederholten gesetzwidrigen Handlungen äußert.
Betrug und ManipulationWiederholtes Lügen, Verwenden von Decknamen oder Betrügen anderer zum persönlichen Vorteil oder Vergnügen.
Impulsivität und AggressivitätMangelnde Fähigkeit zur Vorausplanung, Reizbarkeit und Aggressivität (z. B. wiederholte Schlägereien).
VerantwortungslosigkeitDurchgängige Unzuverlässigkeit im Arbeitsleben oder in finanziellen Verpflichtungen.
Fehlende Reue/SchuldgefühleGleichgültigkeit oder Rationalisierung, wenn andere verletzt, misshandelt oder bestohlen wurden.
RücksichtslosigkeitMissachtung der eigenen Sicherheit und der Sicherheit anderer (z. B. rücksichtsloses Fahren, Substanzmissbrauch).

Psychologische Aspekte und Abgrenzung

Abgrenzung zur Psychopathie

Die Antisoziale Persönlichkeitsstörung und die Psychopathie (nach Hare) sind eng verwandt, aber nicht identisch:

  • Die APS (DSM-5/ICD-10) fokussiert stark auf beobachtbares Verhalten (antisozialer Lebensstil, Kriminalität, Verantwortungslosigkeit).
  • Die Psychopathie gilt als eine schwerere Form der APS und beinhaltet zusätzliche interpersonelle und affektive Defizite (z. B. oberflächlicher Charme, überhöhter Selbstwert, Mangel an Angst/Angstempfinden, Manipulationsfähigkeit). Nicht alle Personen mit APS erfüllen die Kriterien der Psychopathie, aber die meisten Psychopathen erfüllen die APS-Kriterien.

Ursachen

Man nimmt eine komplexe Wechselwirkung aus genetischen, neurobiologischen und Umweltfaktoren an:

  1. Genetische Faktoren:
    Es besteht eine erhöhte familiäre Häufung.
  2. Neurobiologische Faktoren:
    Auffälligkeiten im präfrontalen Kortex (zuständig für Planung, Impulskontrolle und Urteilsvermögen) und eine reduzierte Aktivität in Bereichen, die für die Empathie und das Verarbeiten von Angst relevant sind (z. B. die Amygdala).
  3. Umweltfaktoren:
    Chronische Störung des Sozialverhaltens in der Kindheit und Jugend (oft als Voraussetzung für die APS-Diagnose), Missbrauch, Vernachlässigung, inkonsistente Erziehung oder eine kritische Umgebung in der frühen Entwicklung.

Behandlung

Die Behandlung der Antisozialen Persönlichkeitsstörung ist notorisch schwierig, da die Betroffenen oft keine Einsicht in die Notwendigkeit einer Behandlung haben und die Therapeut-Patient-Beziehung durch Misstrauen und manipulative Tendenzen belastet wird.

  • Psychotherapie:
    Kognitive und verhaltenstherapeutische Ansätze können versucht werden, oft in einem strukturierten Umfeld (z. B. im forensischen Bereich). Ziel ist primär die Schadensbegrenzung, die Reduzierung impulsiver und aggressiver Verhaltensweisen und die Steigerung der sozialen Anpassung, weniger die Änderung der grundlegenden Persönlichkeitsstruktur.
  • Medikamente:
    Es gibt keine Medikamente zur Behandlung der APS selbst. Medikamente (z. B. Stimmungsstabilisatoren, Antidepressiva) werden nur zur Behandlung komorbider Symptome wie Aggressivität, Impulsivität oder Depressionen eingesetzt.
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