Generalisierte Angststörung

Die Generalisierte Angststörung (GAS), im ICD-10 als F41.1 klassifiziert, ist eine psychische Störung, die durch eine anhaltende, übermäßige und schwer kontrollierbare Besorgnis (Grübeln) über eine Vielzahl alltäglicher Ereignisse und Lebensbereiche gekennzeichnet ist.

Die Angst ist dabei generalisiert (nicht auf eine spezifische Situation oder ein Objekt beschränkt) und „frei flottierend“ (ständig präsent).

Merkmale und Symptome

Die Generalisierte Angststörung äußert sich in einer Kombination aus psychischen, kognitiven und körperlichen Symptomen, die über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten an den meisten Tagen bestehen:

Kognitive/Psychische Hauptsymptome

  • Anhaltende, unkontrollierbare Sorgen:
    Exzessive Befürchtungen bezüglich geringfügiger oder alltäglicher Ereignisse (z.B. Finanzen, Gesundheit der Familie, Pünktlichkeit, Arbeitsleistung).
  • Schwierigkeit, die Sorgen zu kontrollieren (Grübeln):
    Die Betroffenen empfinden das Sorgen als überwältigend und kaum steuerbar.
  • Erwartungsangst:
    Ständige innere Anspannung und Besorgnis, dass etwas Schlimmes passieren könnte.

Körperliche und assoziierte Symptome

Für die Diagnose sind gemäß ICD-10 zusätzlich mindestens drei der folgenden Symptome erforderlich, die nicht nur auf die Angst zurückzuführen sind:

Entstehung und Aufrechterhaltung

Psychologische Modelle erklären die GAS hauptsächlich über folgende Mechanismen:

MechanismusErklärung
Intoleranz gegenüber UnsicherheitBetroffene haben eine geringe Toleranz für Ungewissheit und empfinden die Notwendigkeit, alle möglichen negativen Ausgänge zu antizipieren.
Positive und Negative Meta-SorgenPositive Annahmen über Sorgen („Sorgen schützt mich davor, unvorbereitet zu sein“) verstärken das Grübeln. Negative Annahmen („Ich verliere durch das Sorgen den Verstand“) führen zu Angst vor dem Sorgen selbst.
Sorgen als VermeidungsverhaltenDas Sorgen wird als eine Art kognitive Vermeidungsstrategie genutzt. Durch das Grübeln (gedankliche Beschäftigung) wird die emotionale und körperliche Angst in der Gegenwart reduziert. Dieser kurzfristige „Erfolg“ verstärkt langfristig das Sorgenverhalten.
AufmerksamkeitsbiasErhöhte Aufmerksamkeit für bedrohliche Informationen und Reize in der Umwelt, was den Sorgenkreislauf befeuert.

Psychotherapeutische Behandlung

Die Behandlung der GAS erfolgt primär durch Psychotherapie, oft ergänzt durch Medikamente (meist Antidepressiva).

Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)

Die KVT gilt als der Goldstandard in der Behandlung der GAS. Sie ist der wichtigste Teil der Behandlung, zu deren einzelnen Elementen gehört:

  1. Kognitive Umstrukturierung:
    Hinterfragen der positiven und negativen Meta-Sorgen und der unrealistischen Bedrohungseinschätzungen.
  2. Exposition:
    Konfrontation mit Situationen, die Unsicherheit auslösen, um die Unsicherheitstoleranz zu erhöhen.
  3. Sorgenkonfrontation und -Management:
    Erlernen von Strategien zur Begrenzung und Strukturierung der Sorgen (z.B. Sorgenzeiten festlegen) anstelle der unkontrollierten Ausbreitung.

Verfahren der dritten Welle (z.B. ACT)

  • Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT):
    Fokus auf die Akzeptanz der inneren Erfahrung (der Angst und der Sorgen) und Distanzierung von den Gedanken (Defusion), um das Grübeln als Bewältigungsstrategie aufzugeben und werteorientiert zu handeln.
  • Achtsamkeitsbasierte Ansätze:
    Förderung der urteilsfreien Wahrnehmung des gegenwärtigen Moments, um aus dem Grübelkreislauf auszusteigen.

Prognose

Die Generalisierten Angststörung gilt als sehr gut behandelbar, nimmt aber unbehandelt oft einen chronischen und schwankenden Verlauf.

Auch nach einer erfolgreichen Behandlung besteht ein gewisses Rückfallrisiko. Deshalb zielt die Therapie nicht nur auf die Symptomreduktion, sondern auch auf die Rückfallprophylaxe ab.

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