Essstörungen

Eine Essstörung ist eine ernsthafte psychische Erkrankung, die durch ein dauerhaft gestörtes Essverhalten und eine übermäßige, negative Beschäftigung mit dem eigenen Körpergewicht und der Figur gekennzeichnet ist. Betroffene haben oft den natürlichen Bezug zum Essen verloren, und das Essverhalten (oder die Vermeidung von Essen) dient als Ersatzbefriedigung oder Kontrollmechanismus für psychische Bedürfnisse und emotionale Konflikte.
Essstörungen können schwerwiegende körperliche und psychische Folgen haben und erfordern in jedem Fall eine professionelle Behandlung.

Häufigste Formen von Essstörungen

Die bekanntesten Formen von Essstörungen, die nach dem Klassifikationssystem ICD-10 (International Classification of Diseases) diagnostiziert werden, sind:

  • Anorexia Nervosa (Magersucht):
    • Hauptmerkmal:
      Ein absichtlich selbst herbeigeführter oder aufrechterhaltener Gewichtsverlust, der zu einem deutlichen Untergewicht führt (z. B. Body-Mass-Index (BMI) unter 17,5).
    • Zentrale Symptome:
      Eine tief verwurzelte Angst, zuzunehmen oder dick zu sein, und eine verzerrte Körperwahrnehmung (Betroffene fühlen sich trotz Untergewicht zu dick). Es kommt zur extremen Einschränkung der Nahrungsaufnahme, manchmal kombiniert mit exzessivem Sport oder „Purging“-Verhalten (Erbrechen, Missbrauch von Abführmitteln).
  • Bulimia Nervosa (Ess-Brech-Sucht):
    • Hauptmerkmal:
      Wiederholte Essanfälle (unkontrollierte Aufnahme sehr großer Nahrungsmengen in kurzer Zeit), gefolgt von Gegenmaßnahmen zur Verhinderung einer Gewichtszunahme.
    • Zentrale Symptome:
      • Angst vor Gewichtszunahme,
      • Scham– und Schuldgefühle nach den Essanfällen, und das
      • Ergreifen von gewichtsreduzierenden Maßnahmen wie
        • selbst herbeigeführtem Erbrechen,
        • Fasten,
        • übermäßigem Sport oder der
        • Missbrauch von Abführmitteln.
  • Binge-Eating-Störung (BES):
    • Hauptmerkmal:
      Wiederkehrende Essanfälle (unkontrolliertes, übermäßiges Essen in kurzer Zeit), ähnlich wie bei der Bulimie.
    • Zentrale Symptome:
      Die Betroffenen verspüren während des Essens Kontrollverlust, essen oft schneller als normal und bis zu einem unangenehmen Völlegefühl. Im Gegensatz zur Bulimie fehlen jedoch die regelmäßigen, kompensatorischen Gegenmaßnahmen (wie Erbrechen). Dies führt häufig, aber nicht immer, zu Übergewicht oder Adipositas.

Mögliche Ursachen

Essstörungen sind multifaktoriell bedingt, d.h., sie entstehen durch ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Risikofaktoren:

  • Biologische Faktoren:
    • Genetische Veranlagung,
    • hormonelle und neurobiologische Einflüsse.
  • Individuelle/Psychische Faktoren:
  • Familiäre Faktoren:
    • Probleme in der Familie,
    • psychische Erkrankungen von Angehörigen,
    • hoher Leistungsanspruch oder
    • starke Fokussierung auf das Aussehen.
  • Soziokulturelle Faktoren:
    Das in der westlichen Welt verbreitete Schlankheitsideal und die starke Thematisierung von Aussehen und Gewicht in den Medien und unter Gleichaltrigen.

Wichtig: Nicht jede Person, die beim Essen ab und zu über die Stränge schlägt, ist ernsthaft krank. Und nicht jede, die durch eine Diät viel abgenommen hat, ist magersüchtig. Solche Verhaltensweisen können aber, wenn andere Faktoren hinzukommen, der Beginn einer Essstörung sein. Der Übergang von einem auffälligen zu einem krankhaften Essverhalten ist oft schleichend.

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