Psychopathologie
Die Psychopathologie ist die Lehre von den psychischen Störungen, ihren Symptomen und deren Erscheinungsformen. Sie bildet die wissenschaftliche und systematische Grundlage der klinischen Psychologie und der Psychiatrie.
Zentrale Aufgaben der Psychopathologie
Die Hauptaufgaben der Psychopathologie sind eng miteinander verknüpft und bilden die Basis für Diagnose und Therapie:
1. Beschreibung und Klassifikation
Die Psychopathologie sammelt und beschreibt alle auffälligen und krankhaften Erscheinungen (Symptome) des menschlichen Erlebens und Verhaltens.
- Symptome:
Sie definiert und kategorisiert psychische Einzelmerkmale (z.B. Wahn, Halluzination, Antriebsmangel, Angst) und unterscheidet sie von normalen Schwankungen des Erlebens. - Syndrome:
Sie fasst diese Symptome zu spezifischen Mustern, sogenannten Syndromen, zusammen (z.B. das depressive Syndrom oder das schizophrene Syndrom). - Diagnose:
Die systematische Klassifikation von Störungen erfolgt auf der Grundlage internationaler Klassifikationssysteme wie der ICD-10/11 (International Statistical Classification of Diseases) und dem DSM-5 (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders).
2. Ätiologie (Ursachenforschung)
Die Psychopathologie untersucht die Ursachen (Ätiologie) und die Entstehungsbedingungen psychischer Störungen.
- Sie betrachtet dabei das biopsychosoziale Modell, das biologische (z.B. Neurotransmitter, Genetik), psychologische (z.B. kognitive Muster, Trauma) und soziale (z.B. Familie, Kultur) Faktoren in die Ursachenanalyse einbezieht.
3. Verlauf und Prognose
Sie untersucht, wie sich psychische Störungen entwickeln (Verlauf) und welche Vorhersagen (Prognose) über den Ausgang einer Erkrankung möglich sind.
Einteilung des Psychopathologischen Befundes
Um eine einheitliche Grundlage für Diagnose und Kommunikation zu schaffen, werden die Symptome in der Psychopathologie systematisch nach verschiedenen Bereichen des Erlebens und Verhaltens erfasst und dokumentiert:
| Bereich | Untersuchungsschwerpunkt | Beispielhafte Symptome |
| Denken und Sprechen | Formale und inhaltliche Aspekte des Denkens | Wahn (inhaltlich), Denkverlangsamung (formal), Ideenflucht |
| Wahrnehmung | Störungen der Sinneswahrnehmung | Halluzinationen (z.B. Hören von Stimmen), Illusionen |
| Gefühlsleben (Affektivität) | Stimmung, emotionale Reagibilität und Schwingungsfähigkeit | Depressive Verstimmung, Affektlabilität, Angst |
| Antrieb und Motorik | Aktivitätsniveau und willentliche Handlungen | Antriebsmangel, Willensschwäche, katatone Symptome |
| Ich-Erleben | Störungen des Gefühls für die eigene Identität und Realität | Derealisation (Umwelt erscheint unwirklich), Depersonalisation (sich selbst fremd sein) |
| Gedächtnis und Orientierung | Kognitive Funktionen, Zeit-, Orts- und Personenerkennung | Amnesie, Desorientiertheit |
Zusammenfassend ist die Psychopathologie das Vokabular und die Grammatik der klinischen Fächer. Sie ermöglicht es, die Vielfalt psychischer Auffälligkeiten präzise zu beschreiben, zu benennen und wissenschaftlich zu untersuchen.
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