Katastrophisieren

Katastrophisieren ist ein Begriff in der Psychologie, insbesondere in der Kognitiven Verhaltenstherapie (KVT), bei dem es sich um eine kognitive Verzerrung (einen systematischer Denkfehler) handelt, bei der eine Person die Wahrscheinlichkeit eines negativen Ereignisses und/oder die Schwere seiner Konsequenzen unrealistisch übertreibt oder dramatisiert.

Der Betroffene neigt dazu, das schlimmstmögliche Ergebnis als das wahrscheinlichste anzunehmen.

Merkmale und Funktionsweise

Katastrophisieren führt dazu, dass harmlose oder normale Situationen als existenzielle Bedrohungen interpretiert werden.

1. Übertreibung der Wahrscheinlichkeit

Die Person schätzt die Gefahr, dass ein negatives Ereignis eintritt, viel höher ein, als es die objektive Realität rechtfertigt.

  • Beispiel: „Ich habe Kopfschmerzen, das ist bestimmt ein tödlicher Gehirntumor.“

2. Übertreibung der Konsequenzen

Die Person bewertet die Auswirkungen eines bereits eingetretenen oder erwarteten Ereignisses als unerträglich oder unwiederbringlich.

  • Beispiel: „Wenn ich bei der Präsentation einen Fehler mache, werde ich gefeuert, meine Karriere ist ruiniert und mein Leben ist vorbei.“

3. „Was wäre wenn…“-Schleifen

Das Katastrophisieren führt oft zu einer Kette negativer Gedanken, bei der jeder Gedanke eine noch schlimmere Konsequenz als der vorherige nach sich zieht.

Klinische Relevanz

Katastrophisieren ist kein eigenständiges Störungsbild, sondern ein transdiagnostisches Merkmal und ein wesentlicher Aufrechterhaltungsfaktor vieler psychischer Störungen:

  • Angststörungen:
    Bei der Panikstörung wird das Katastrophisieren körperlicher Symptome (Herzrasen wird als Herzinfarkt interpretiert) als Hauptmechanismus der Panikattacke gesehen. Bei der Generalisierten Angststörung (GAS) dreht sich das chronische Sorgen oft um Katastrophenszenarien.
  • Depression:
    Die Hoffnungslosigkeit wird durch die katastrophisierende Annahme verstärkt, dass negative Umstände dauerhaft und global sind.
  • Chronische Schmerzen:
    Das Schmerzkatastrophisieren ist ein besonders gut untersuchtes Konzept. Patienten erleben nicht nur Schmerz, sondern bewerten diesen als unkontrollierbar, verheerend und als Zeichen einer unmittelbar drohenden Invalidität. Dies erhöht objektiv die Schmerzintensität und das Leiden.

Therapeutische Intervention (KVT)

Das Ziel in der KVT ist die kognitive Umstrukturierung, um das katastrophisierende Denken zu korrigieren.

  1. Identifikation:
    Der Patient lernt, katastrophisierende Gedanken zu erkennen und zu benennen.
  2. Externalisierung/Distanzierung:
    Der Gedanke wird als Hypothese und nicht als Fakt betrachtet (Technik der kognitiven Defusion).
  3. Realitätsprüfung:
    Der Therapeut verwendet den Sokratischen Dialog, um den Patienten zu realistischen Alternativen zu führen:

    • Frage: „Wie wahrscheinlich ist es wirklich, dass dieses schlimmste Szenario eintritt?“
    • Frage: „Selbst wenn es eintritt, was wäre das realistischste Ergebnis, und wie würden Sie damit umgehen?“
  4. Decatastrophizing:
    Die Folgen werden entdramatisiert, indem der Patient lernt, einen negativen Ausgang als unangenehm, aber überlebbar zu bewerten.
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