Anerkennung
Anerkennung ist ein tief verwurzeltes psychologisches Grundbedürfnis und ein zentraler Faktor für die menschliche Entwicklung, Motivation und mentale Stabilität. Sie beschreibt das Verlangen, von anderen Menschen gesehen, respektiert, bestätigt und als wertvoll erachtet zu werden.
Anerkennung als Grundbedürfnis
Das Streben nach Anerkennung ist nicht nur ein oberflächlicher Wunsch, sondern ein fundamentaler Trieb zur Sicherung des Selbstwertgefühls und der sozialen Existenz.
| Theorie | Konzept | Bedeutung der Anerkennung |
| Maslows Bedürfnispyramide | Wertschätzungsbedürfnisse (Vierte Stufe) | Unterscheidet zwischen Selbstachtung (Kompetenz, Leistung, Unabhängigkeit) und der Achtung durch andere (Status, Prestige, Aufmerksamkeit). |
| Konsistenztheorie (Grawe) | Selbstwertschutz und -erhöhung | Anerkennung von außen ist der Mechanismus, der das Bedürfnis bestätigt, dass man den eigenen Standards entspricht und sozial kompetent ist. |
| Selbstbestimmungstheorie (SDT) | Soziale Eingebundenheit & Kompetenz | Anerkennung dient als Bestätigung der Kompetenz (Leistung wird gewürdigt) und erfüllt das Bedürfnis nach Zugehörigkeit (man ist in der Gruppe relevant). |
Die Funktion der Externalisierung
Anerkennung erfüllt die Funktion, das interne Gefühl der Wertigkeit durch externe Bestätigung zu stabilisieren. Sie ist essenziell für die Ausbildung eines stabilen Selbstkonzepts.
Entwicklungspsychologische Bedeutung
Die Qualität der Anerkennung, die ein Mensch in der frühen Kindheit erfährt, prägt seine gesamte psychische Struktur.
1. Validierung der Gefühle
Der wichtigste Aspekt ist die emotionale Validierung. Wenn primäre Bezugspersonen die Emotionen (Wut, Trauer, Angst) und Bedürfnisse des Kindes sehen, akzeptieren und anerkennen, lernt das Kind:
- Legitimität:
Meine Gefühle sind real und berechtigt. - Handhabbarkeit:
Meine Emotionen sind intensiv, aber ich kann sie überleben. - Sicherheit:
Meine innere Welt kann sicher geteilt werden.
2. Unsichere Bindung und Invalidierung
Wird die Gefühlswelt des Kindes chronisch invalidiert (ignoriert, abgewertet, bestraft), entsteht die Überzeugung, dass Teile des Selbst „falsch“ sind. Dies führt zu:
- Misstrauen:
Das Kind lernt, den eigenen Empfindungen zu misstrauen. - Externale Abhängigkeit:
Das Selbstwertgefühl wird instabil und ist chronisch von externer Anerkennung abhängig, was die Anfälligkeit für psychische Störungen erhöht.
Kognitive und Motivationale Aspekte
1. Intrinsische vs. Extrinsische Motivation
Anerkennung beeinflusst maßgeblich die Motivation:
- Extrinsische Motivation:
Die direkte Erwartung von Lob, Belohnung oder Status (Anerkennung) für eine Handlung. - Intrinsische Motivation:
Die Handlung erfolgt aus Freude an der Sache selbst. Anerkennung kann die intrinsische Motivation fördern, wenn sie als wertschätzende Rückmeldung zur Kompetenz empfunden wird, oder sie kann sie untergraben, wenn sie als Kontrolle interpretiert wird.
2. Die Rolle bei psychischen Störungen
Fehlende oder verzerrte Anerkennung ist ein zentraler Faktor bei:
- Depression:
Oft verbunden mit der Wahrnehmung chronischer Verlusterfahrungen und fehlender sozialer Anerkennung. - Narzisstische Störung:
Gekennzeichnet durch eine pathologische Sucht nach Anerkennung (Narzisstische Zufuhr) als Kompensation für ein innerlich fragiles Selbst. - Borderline-Störung:
Oft zurückzuführen auf chronische Invalidierung der frühen Gefühlswelt, was in der Therapie die gezielte Anwendung von Validierungstechniken (als Form der Anerkennung) erforderlich macht.
Anerkennung ist somit nicht nur ein angenehmes Gefühl, sondern ein regulatorischer Prozess, der das Individuum in seiner sozialen Umwelt verankert und ihm die notwendige Stabilität zur autonomen Lebensführung verleiht.
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