Selbstbestimmungstheorie (SDT)

Die Selbstbestimmungstheorie (Self-Determination Theory, SDT) ist eine breit angelegte und empirisch fundierte Motivationstheorie, die von den Psychologen Edward L. Deci und Richard M. Ryan entwickelt wurde.

Im Kern befasst sich die SDT damit, welche Arten von Motivation die Qualität menschlichen Verhaltens und Erlebens bestimmen und wie die Erfüllung angeborener, psychologischer Grundbedürfnisse das menschliche Wachstum, die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden fördert.

I. Die Psychologischen Grundbedürfnisse

Die SDT postuliert, dass alle Menschen universelle, angeborene psychologische Grundbedürfnisse besitzen. Ihre Befriedigung ist essenziell für intrinsische Motivation und psychisches Wachstum:

1. Autonomie (Selbstbestimmung)

Das Bedürfnis, sich als Urheber der eigenen Handlungen zu erleben. Entscheidungen sollen freiwillig getroffen und die Handlungen als selbst gewählt erlebt werden, nicht als Zwang oder Kontrolle von außen.

2. Kompetenz (Wirksamkeit)

Das Bedürfnis, sich bei der Bewältigung von Aufgaben als wirksam und kompetent zu erleben. Dies beinhaltet das Gefühl, neue Fähigkeiten zu erlernen, Herausforderungen erfolgreich zu meistern und ein Gefühl der Selbstwirksamkeit zu entwickeln.

3. Soziale Eingebundenheit (Relatedness)

Das Bedürfnis, sich zugehörig und verbunden mit anderen zu fühlen, stabile und sichere Bindungen aufzubauen und von wichtigen Bezugspersonen geliebt und wertgeschätzt zu werden.

II. Das Motivationskontinuum

Die SDT beschreibt Motivation nicht als entweder „intrinsisch“ oder „extrinsisch“, sondern als ein Kontinuum, das sich in der Qualität der Selbstbestimmung unterscheidet:

Art der Motivation Grad der Selbstbestimmung Regulation (Warum handle ich?)
Intrinsische Motivation Hoch Freude, Interesse, Spaß an der Tätigkeit selbst.
Extrinsische Motivation (Integriert) Hoch Die Handlung passt zu den eigenen Werten und dem Selbstbild.
Extrinsische Motivation (Identifiziert) Mittel Die Handlung dient einem als wichtig empfundenen Ziel.
Extrinsische Motivation (Introjektiv) Niedrig Schuldgefühle, Scham oder die Erwartung von Lob treiben an.
Extrinsische Motivation (External) Sehr niedrig Belohnung oder Bestrafung von außen treiben an.
Amotivation Keine Keine Motivation, fehlende Absicht zu handeln.

Intrinsische Motivation

Die höchste Qualität der Motivation. Die Aktivität ist ihr eigener Zweck und ihre eigene Belohnung. Sie entsteht am ehesten, wenn alle drei psychologischen Grundbedürfnisse erfüllt sind.

III. Implikationen der Theorie

Die SDT hat weitreichende Implikationen für die Pädagogik, das Management und die klinische Psychologie:

  • Autonomie-Unterstützung:
    Um intrinsische Motivation zu fördern, muss die Umgebung die Autonomie der Person unterstützen (z.B. Wahlmöglichkeiten bieten, rationale Erklärungen für Regeln geben, anstatt Zwang auszuüben).
  • Wirkung von Belohnungen:
    Extrinsische Belohnungen (z.B. Geld oder Noten) können die intrinsische Motivation untergraben, insbesondere wenn sie als kontrollierend empfunden werden.
  • Psychische Gesundheit:
    Die Erfüllung der drei Bedürfnisse führt zu höherem Wohlbefinden, besserer Leistung und geringeren Raten psychischer Belastung.
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