Denken

Das Denken ist ein zentraler Untersuchungsgegenstand in verschiedenen Disziplinen der  Psychologie, insbesondere aber der Kognitiven Psychologie. Es bezeichnet den inneren, nicht beobachtbaren Prozess der kognitiven Verarbeitung von Informationen, der zur Erkenntnis, Problemlösung, Urteilsbildung und Entscheidungsfindung führt.

Definition und Kernmerkmale

Denken wird allgemein definiert als ein Prozess, bei dem interne Repräsentationen (Bilder, Begriffe, Schemata) mental manipuliert werden, um ein Ziel zu erreichen oder ein Problem zu lösen.

  • Internalität:
    Denken findet hauptsächlich im Kopf statt und ist nicht direkt beobachtbar, sondern muss aus dem Verhalten erschlossen werden.
  • Symbolische Repräsentation:
    Denken basiert auf der Verwendung von Symbolen, Begriffen, Schemata und Sprache, um Objekte und Ereignisse der realen Welt mental abzubilden.
  • Zielgerichtetheit:
    Obwohl Denken auch frei assoziativ (Tagträume) sein kann, ist der Großteil des psychologisch relevanten Denkens zielorientiert (z. B. eine Aufgabe lösen oder eine Entscheidung treffen).

Wichtige Ansätze in der Denkpsychologie

1. Kognitive Psychologie (Informationsverarbeitungsansatz)

Dies ist heute die dominierende Perspektive. Denken wird hier als eine Reihe von Verarbeitungsschritten betrachtet, ähnlich einem Computerprogramm.

  • Schwerpunkte:
    • Problemlösen:
      Wie Menschen von einem Ausgangszustand zu einem Zielzustand gelangen (z. B. durch Algorithmen oder Heuristiken – einfache Faustregeln).
    • Urteilen und Entscheiden:
      Wie Informationen abgewogen und Wahrscheinlichkeiten beurteilt werden. Hier spielen die kognitiven Verzerrungen (Biases) eine große Rolle (z. B. der Bestätigungsfehler).
    • Konzepte und Kategorien:
      Wie Objekte und Ideen in mentalen Schubladen organisiert werden.

2. Entwicklungspsychologie (Piaget)

Jean Piaget untersuchte, wie sich das Denken im Laufe der Kindheit entwickelt.

  • Zentrale Konzepte:
    • Schemata (Denkstrukturen),
    • Assimilation (Integration neuer Infos in bestehende Schemata) und
    • Akkommodation (Anpassung der Schemata an neue Infos).
  • Phasen:
    Er postulierte vier aufeinanderfolgende Stufen der kognitiven Entwicklung:

    • sensumotorisch,
    • präoperational,
    • konkret-operational,
    • formal-operational), die die zunehmende Fähigkeit zum  abstrakten und logischen Denken beschreiben.

3. Psychologie des Unbewussten (Freud)

Sigmund Freud unterschied zwischen zwei Denkmodi:

  • Primärprozesshaftes Denken:
    Unlogisches, triebgesteuertes Denken, das dem Lustprinzip folgt (typisch für Träume und das Unbewusste).
  • Sekundärprozesshaftes Denken:
    Logisches, rationales Denken, das dem Realitätsprinzip folgt (typisch für das Bewusstsein und die Problemlösung).

Formen des Denkens

Das Denken kann nach seiner Ausrichtung und Struktur unterschieden werden:

Form des Denkens Beschreibung Beispiel
Deduktives Denken (Schluss vom Allgemeinen) Ziehen einer spezifischen Schlussfolgerung aus allgemeinen Regeln oder Prämissen (logische Notwendigkeit). „Alle Vögel fliegen. Amseln sind Vögel. Also fliegen Amseln.“
Induktives Denken (Schluss auf das Allgemeine) Bildung einer allgemeinen Regel oder Hypothese aus spezifischen Beobachtungen (Wahrscheinlichkeit). Beobachtung: „Jeder Schwan, den ich gesehen habe, ist weiß.“ Schlussfolgerung: „Alle Schwäne sind wahrscheinlich weiß.“
Kreatives Denken Divergentes Denken, das zu neuen, unkonventionellen Lösungen führt. Entwicklung eines innovativen Produktdesigns.
Kritisches Denken Systematisches Bewerten und Analysieren von Informationen, um ein begründetes Urteil zu fällen. Überprüfung der Glaubwürdigkeit von Nachrichtenquellen.
Analoges Denken Lösen eines Problems, indem man es auf ein bekanntes, ähnliches Problem überträgt (Analogiebildung). Lösen eines neuen mathematischen Problems basierend auf einem bereits gelösten.
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