Affekt
In der Psychologie bezeichnet der Affekt eine starke, kurzfristige und intensive Gemütserregung, die durch äußere oder innere Reize ausgelöst wird. Er ist gekennzeichnet durch eine rasche Entstehung und ein schnelles Abklingen. Der Affekt wird oft als ein psychosomatisches Ereignis verstanden, das eine enge Verbindung von psychischen und körperlichen Prozessen darstellt.
Merkmale des Affekts
Die wichtigsten Charakteristika eines Affekts sind:
- Intensität: Der Affekt ist eine heftige Reaktion (z. B. Panik, plötzliche Wut, überschwängliche Freude).
- Latenz und Dauer: Er entsteht rasch (geringe Latenz) und klingt in der Regel schnell wieder ab.
- Körperliche Beteiligung: Er geht mit starken physiologischen Reaktionen einher (z. B. Herzrasen, Schwitzen, Erröten, Tränen, Anspannung) sowie einer Beteiligung des vegetativen Nervensystems und von Botenstoffen/Hormonen.
- Eingeengte Wahrnehmung: Oft führt ein Affekt zu einem Tunnelblick und einer Überforderung der willentlichen Kontrolle (sogenanntes „Handeln im Affekt“).
- Ausdruck: Er hat eine starke Ausdruckskraft (Mimik, Gestik, Stimme).
Funktion und Bedeutung
Trotz der potenziellen Gefahr des Kontrollverlusts erfüllen Affekte wichtige evolutionäre Funktionen:
- Überleben: Affekte sind oft angeborene, komplexe Reaktionsmuster, die eine sofortige Reaktion auf Bedrohung (z. B. Flucht bei Furcht-Affekt) oder Chance (z. B. Annäherung bei positivem Affekt) ermöglichen.
- Kommunikation: Sie signalisieren dem sozialen Umfeld unmittelbar den inneren Zustand und die Handlungsabsicht.
- Motivation: Affekte dienen als Schalter für kognitive Systeme; ein positiver Affekt kann Handlungsmotivation fördern, ein negativer Affekt kann Vermeidungsverhalten oder die Fokussierung auf Probleme auslösen (Affektlogik).
Abgrenzung von Emotion und Stimmung
Affekte sind Teil der umfassenderen Kategorie der Emotionen, aber sie unterscheiden sich von anderen affektiven Zuständen (Emotionen und Stimmungen) hauptsächlich in Intensität, Dauer und Kognitionsbeteiligung:
| Begriff | Intensität | Dauer | Kognitive Beteiligung |
| Affekt | Sehr hoch (heftige Erregung) | Sehr kurz (Minuten oder Sekunden) | Oft unbewusst und automatisch; überfordert die Willenskontrolle. |
| Emotion | Mittel bis hoch | Mittel (Stunden) | Umfasst komplexere Denkprozesse (Bewertung der Situation) und ist bewusster. |
| Stimmung (Laune) | Niedrig | Lang (Tage bis Wochen) | Globaler Zustand; oft ohne klaren Auslöser; beeinflusst die gesamte Wahrnehmung und Kognition. |
Beispiel: Ein Affekt wäre die Panik, die in dir aufsteigt, wenn du fast angefahren wirst. Die Angst (Emotion) wäre das bewusste Gefühl, das du später erlebst, wenn du über den Vorfall nachdenkst. Die gereizte Grundstimmung wäre das vage Gefühl der Unruhe, das dich den ganzen Tag begleitet. Zusammenfassend: Affekte können als die Bausteine oder komponentielle Teile von Emotionen betrachtet werden.
Affekte in der Psychopathologie
Störungen der Affektivität
sind zentrale Symptome vieler psychischer Erkrankungen:
- Affektlabilität: Schneller und häufiger Wechsel zwischen verschiedenen Affekten (z. B. bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung).
- Affektinkontinenz: Unzureichende Beherrschung der Affektäußerung, wobei der Patient Affekte unwillkürlich und unmoduliert zeigt (oft bei hirnorganischen Störungen).
- Affektverflachung (Flacher Affekt): Geringe Ansprechbarkeit für Gefühlsäußerungen; der Patient wirkt interesselos und ist emotional wenig schwingungsfähig (z. B. bei Depressionen oder schizophrenen Erkrankungen).
- Inadäquater Affekt (Parathymie): Der gezeigte Gefühlsausdruck passt nicht zum Erleben oder zum situativen Inhalt (z. B. Lachen bei traurigen Nachrichten, oft bei Schizophrenie).
Affektive Störungen
sind in der Psychologie und Psychiatrie eine Gruppe von psychischen Erkrankungen, deren Hauptmerkmal eine krankhafte, über das normale Maß hinausgehende Veränderung der Stimmungslage ist.
- Depression Eine anhaltende und tiefe gedrückte Stimmung, Antriebslosigkeit und Verlust von Freude.
- Manie Eine überschwängliche, gehobene Stimmung, gesteigerte Aktivität und ein übermäßiges Selbstwertgefühl. Eine schwächere Form ist die Hypomanie.
- Bipolare Störung Das gleichzeitige Auftreten von depressiven und manischen Phasen.
- Anhaltende affektive Störungen Chronische, aber weniger schwere Stimmungsschwankungen, wie die
- Dysthymie chronische aber schwächere depressive Verstimmung
- Zyklothymie Wechsel zwischen leichten depressiven und manischen Phasen).