Angststörung

Angststörung ist ein Sammelbegriff für verschiedene psychische Störungen, deren gemeinsames Merkmal eine exzessive, übertriebene Angstreaktion ist, ohne dass es eine reale äußere Bedrohung gibt.
Dabei wird zunächst grob zwischen zwei Formen unterschieden:

Formen

  1. diffusen, unspezifischen Ängsten, die zufällig oder spontan anftreten und keine äußeren Auslöser haben. Hierzu gehört die
  2. Phobien, die an ein konkretes Objekt, eine konkrete Situation oder einen Ort gebunden sind. Beispiele für Phobien sind u.a.
    • Angst vor öffentlichen Plätzen (Agoraphobie) und Menschenansammlungen
    • die soziale Phobie (Angst vor Situationen bei denen man im Mittelpunkt steht)
    • Flugangst
    • Angst vor Spinnen
    • die Angst vor Spritzen

Entwicklungsgeschichtliche Betrachtung

Angst ist zunächst einmal eine grundsätzlich notwendige und entwicklungsgeschichtlich überlebenswichtige Reaktion, die den Organismus auf Kampf- oder Fluchverhalten vorbereitet.
Zur Störung wird sie erst durch bestimmte Kriterien:

  • die Unangemessenheit gegenüber der vermeintlichen Bedrohungsquelle
  • die Symptomausprägung, etwa durch die hohe Intensität oder lange Dauer der Angst
  • die Unfähigkeit die Angst selbst zu kontrollieren
  • das plötzliche Auftreten mit vorwiegend körperlichen Symptomen

Die Entstehung einer Angststörung

Angststörungen entstehen meist durch das Zusammenspiel verschiedener Faktoren, darunter genetische Veranlagung, psychische Belastungen wie Stress und traumatische Erlebnisse, bestimmte körperliche Erkrankungen (z.B. Schilddrüsenprobleme) und neurobiologische Faktoren, wie ein Ungleichgewicht von Botenstoffen im Gehirn.

Psychologische Faktoren

  • Traumatische Erlebnisse: 
    Schwere Ereignisse in der Vergangenheit, wie Gewalt, Missbrauch oder Unfälle, können die Entwicklung einer Angststörung begünstigen.
  • Psychische Belastungen:
    Lang anhaltender Stress, Burnout und hohe Belastungen im Leben sind signifikante Auslöser.
  • Persönlichkeit und negative Denkmuster:
    Eine generell ängstliche Persönlichkeit oder die Neigung zu Perfektionismus können die Anfälligkeit für Angststörungen erhöhen. Auch negative Denkmuster wie Katastrophendenken können Ängste verstärken.
  • Erziehung:
    Ein überbehüteter und kontrollierender Erziehungsstil kann die Entwicklung einer Angststörung fördern, insbesondere wenn wenig emotionale Wärme und Feinfühligkeit geboten wird.

Biologische und körperliche Faktoren

  • Genetische Veranlagung: 
    Eine genetische Veranlagung kann dazu führen, dass manche Menschen empfindlicher auf Angst auslösende Situationen reagieren.
  • Neurobiologische Ursachen:
    Ein Ungleichgewicht von Neurotransmittern (Botenstoffen) im Gehirn, wie Serotonin, Noradrenalin oder GABA, wird als mögliche Ursache diskutiert.
  • Körperliche Erkrankungen:
    Bestimmte körperliche Leiden können Angstzustände auslösen oder verschlimmern. Dazu gehören Erkrankungen des Herzens, der Atemwege, der Schilddrüse oder des Nervensystems.
  • Medikamente und Substanzkonsum:
    Nebenwirkungen bestimmter Medikamente können Angst auslösen, und auch der Konsum von Alkohol und Drogen kann zu Angststörungen beitragen.

Zusammenspiel der Faktoren

Es ist wichtig zu verstehen, dass Angststörungen selten auf eine einzige Ursache zurückzuführen sind. Vielmehr ist es oft eine Kombination aus mehreren der oben genannten Faktoren, die zusammenwirken und eine Angststörung entstehen lassen.

Angst vor der Angst

Im Verlauf der Entstehung einer Angststörung kommt es zu der s.g. „Angst vor der Angst“, die in Form eines Teufelskreises die Entstehung der Störung begünstigt und auch zu ihrer Aufrechterhaltung beiträgt.

Aufrechterhaltung der Angststörung

Die Angststörung wird durch Vermeidungsverhalten, die Vermeidung, sich mit angstauslösenden Situationen auseinanderzusetzen, und bestimmte psychische Faktoren wie Perfektionismus oder mangelnder Selbstwert aufrechterhalten. Sorgen und Kontrollanrufe können die Störung ebenfalls fördern, da sie kurzfristig Sicherheit bringen, aber keine langfristige Problemlösung darstellen.

Faktoren der Aufrechterhaltung

  • Vermeidungsverhalten:

    Das Ausweichen vor Situationen oder Objekten, die Angst auslösen, verhindert, dass die Betroffenen erfahren, dass ihre Befürchtungen unbegründet sind.
  • Rückversicherungsverhalten:

    Häufige Anrufe oder Kontrollen, um sich von der Sicherheit von Angehörigen zu überzeugen, können die Angst kurzfristig lindern, aber langfristig die Störung aufrechterhalten, da sie die Notwendigkeit des Verlassens auf sich selbst umgehen.
  • Kognitive Muster:
    Bestimmte Denkweisen wie Perfektionismus, erhöhte Vorsicht und ein geringes Selbstwertgefühl tragen zum Fortbestehen der Angststörung bei.
  • Unerwünschter Lerneffekt:

    Durch die Vermeidung lernen die Betroffenen, dass Angst nur durch das Ausweichen vor Situationen beherrscht werden kann, anstatt durch Auseinandersetzung mit der Angst zu lernen, dass sie nachlässt.

Strategien zur Bewältigung und Behandlung

Wirksame Strategien zur Behandlung und zum Überwinden von Angststörungen umfassen Psychotherapie, Medikamente, regelmäßige körperliche Aktivität und Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung oder autogenes Training.

  • Psychotherapie:
    Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) ist eine gut wirksame Methode, um die Angst zu verringern und die Rückfallquote nach der medikamentösen Behandlung zu senken.
  • Medikamentöse Behandlung:

    Antidepressiva wie SSRIs und SNRIs werden häufig eingesetzt, um die Angstsymptome zu lindern.
  • Entspannungstechniken:

    Progressive Muskelentspannung, autogenes Training und Achtsamkeitsübungen wie die 5-4-3-2-1-Methode helfen, Stress abzubauen und die Angst zu reduzieren.
  • Körperliche Aktivität:

    Regelmäßiger Sport baut Stresshormone ab, fördert die Ausschüttung von Endorphinen (Glückshormonen) und erhöht die allgemeine Stresstoleranz.
  • Konfrontation:

    Das sukzessive und kontrollierte Wiederholen von angstauslösenden Situationen ermöglicht es dem „Angstzentrum“, die Erfahrung zu machen, dass die Angst nachlässt, was zu einem Prozess der Gewöhnung führt.

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