Aufmerksamkeit
Die Aufmerksamkeit (engl. Attention) ist in der Psychologie ein fundamentaler kognitiver Prozess. Sie beschreibt die Fähigkeit des Gehirns, relevante Informationen aus der riesigen Menge an sensorischen Eindrücken auszuwählen, zu filtern, zu konzentrieren und zu verarbeiten, während irrelevante Informationen ignoriert werden.
Zentrale Funktionen
Die Aufmerksamkeitspsychologie untersucht verschiedene Aspekte und Funktionen dieses Prozesses:
1. Selektive Aufmerksamkeit (Selective Attention)
Dies ist die Fähigkeit, sich auf einen bestimmten Reiz oder eine bestimmte Aufgabe zu konzentrieren und andere, konkurrierende Reize aktiv auszublenden.
- Beispiel: Der berühmte Cocktail-Party-Effekt , bei dem Sie in einer lauten Umgebung in der Lage sind, einem einzelnen Gespräch zu folgen und die anderen Geräusche zu filtern. Nur wenn Ihr Name in einem anderen Gespräch fällt, wird dies den Filter durchbrechen.
2. Geteilte Aufmerksamkeit (Divided Attention)
Dies ist die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit auf mehrere Aufgaben oder Reize gleichzeitig zu verteilen (Multitasking). Die Leistung bei jeder Aufgabe sinkt in der Regel, da die kognitiven Ressourcen geteilt werden.
- Beispiel: Auto fahren und gleichzeitig ein Gespräch führen. Einfache Aufgaben können besser geteilt werden als komplexe, da sie weniger kontrollierte Verarbeitung benötigen.
3. Daueraufmerksamkeit (Sustained Attention / Vigilanz)
Dies ist die Fähigkeit, die Konzentration über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten, um seltene oder unvorhersehbare Ereignisse zu erkennen.
- Beispiel: Überwachung eines Radarschirms oder Überprüfung der Qualität in einer Produktionslinie.
4. Wechselnde Aufmerksamkeit (Alternating Attention)
Dies beschreibt die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit flexibel zwischen zwei oder mehr Aufgaben mit unterschiedlichen kognitiven Anforderungen hin- und herzuschalten.
- Beispiel: Schneller Wechsel zwischen dem Notieren von Informationen und dem Zuhören des Vortragenden.
Modelle der Aufmerksamkeitsfilterung
Ein wichtiger Schwerpunkt in der Forschung waren die Filtermodelle, die erklären sollten, an welchem Punkt die Informationen gefiltert werden:
- Frühe Selektion:
Der Filter sitzt sehr früh im Verarbeitungsprozess, direkt nach der sensorischen Aufnahme. Nur die physikalischen Merkmale (z.B. Tonhöhe) werden verarbeitet, alle anderen Informationen werden aussortiert. - Späte Selektion:
Alle Informationen werden bis zur Bedeutung (Semantik) verarbeitet, aber nur die relevanten erhalten Zugang zum Bewusstsein und zur Reaktion. - Abschwächung :
Der Filter schwächt irrelevante Informationen nur ab anstatt sie komplett zu blockieren. Dies erklärt, warum persönlich relevante Informationen (wie der eigene Name) den Filter durchbrechen können.
Klinische Relevanz
Störungen der Aufmerksamkeit sind Kernmerkmale verschiedener psychischer und neurologischer Erkrankungen:
- ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung):
Beeinträchtigungen der Daueraufmerksamkeit, der Impulskontrolle und der Fähigkeit zur Reizunterdrückung. - Angststörungen:
Die selektive Aufmerksamkeit ist auf Bedrohungsreize gerichtet (Threat Bias). Patienten neigen dazu, Bedrohungen in ihrer Umgebung schneller zu erkennen und zu verarbeiten. - Delirium:
Akute und schwerwiegende Störung der Aufmerksamkeit und des Bewusstseins.