Basisemotionen
Basisemotionen (oder Grundemotionen) sind in der Psychologie eine begrenzte Anzahl von Emotionen, die als angeboren, universell und kulturübergreifend gelten.
Man geht davon aus, dass diese Emotionen evolutionär entstanden sind, um auf grundlegende Herausforderungen der Umwelt schnell und adaptiv reagieren zu können (z. B. Flucht bei Gefahr, Ekel bei Gift).
Charakteristika der Basisemotionen
Nach der einflussreichen Forschung des Psychologen Paul Ekman zeichnen sich Basisemotionen durch folgende Kriterien aus:
- Universelle Mimik:
Sie werden kulturübergreifend durch spezifische, unwillkürliche Gesichtsausdrücke (Mikroexpressionen) signalisiert und erkannt. - Spezifische Physiologie:
Sie sind mit messbaren, distinkten physiologischen Reaktionen verbunden (z. B. Herzfrequenz, Hormonausschüttung). - Schnelles Auftreten:
Sie werden schnell und oft unbewusst ausgelöst. - Überlebenswert:
Sie erfüllen eine grundlegende adaptive Funktion für das Überleben (z. B. Angst motiviert zur Flucht).
Die 6 bzw. 7 Basisemotionen nach Paul Ekman
Die am häufigsten genannten und am besten empirisch untersuchten Basisemotionen nach Paul Ekman sind:
Manche Listen, insbesondere in Ekmans späterer Forschung, fügen als siebte Basisemotion hinzu:
- Verachtung
Alle anderen, komplexeren Emotionen (wie Scham, Schuld, Neid, Liebe oder Hoffnung) werden in kategorialen Emotionstheorien oft als sekundäre oder gemischte Emotionen betrachtet, die aus der Kombination oder Modifikation dieser Basisemotionen entstehen.
Kritik am Modell der Basisemotionen
Das Modell der Basisemotionen, insbesondere das von Paul Ekman, ist zwar einflussreich, steht aber unter erheblicher Kritik in der Psychologie. Die Hauptkritikpunkte betreffen die Universalität, die Methodik, die biologische Spezifität und die Abgrenzung von Emotionen.
1. Zweifel an der Universalität und Kulturabhängigkeit
Der zentrale Pfeiler des Basisemotionen-Modells – die kulturübergreifende Erkennbarkeit der Mimik – wird am stärksten in Frage gestellt:
- Ethnologische Studien:
Neuere Forschungen, oft in abgeschieden lebenden Kulturen, konnten die hohe Erkennungsrate für alle „Basisemotionen“ nicht immer reproduzieren. Einige Studien legen nahe, dass nur Freude und vielleicht Trauer und Furcht wirklich universell erkannt werden, während andere Emotionen kulturell unterschiedlich interpretiert werden. - Kultureller Kontext (Display Rules):
Kritiker betonen, dass der Ausdruck von Emotionen stark von kulturellen Darstellungsregeln („display rules“) beeinflusst wird. Was im Gesicht gezeigt wird, ist nicht zwingend die empfundene Emotion, sondern das sozial akzeptierte Signal. - „Kontext-Effekt“:
Die Interpretation eines Gesichtsausdrucks ändert sich drastisch, wenn der soziale oder situative Kontext bekannt ist. Das Gesicht allein ist oft nicht ausreichend für eine eindeutige emotionale Bestimmung.
2. Methodische Kritik an der Forschung
Ekmans ursprüngliche Studien werden hinsichtlich ihrer Methodik kritisiert:
- Gestellte Bilder:
Den Probanden wurden oft stark übertriebene, gestellte Fotos von Emotionen gezeigt. Dies entspricht nicht dem flüchtigen, subtilen Ausdruck von Emotionen im realen Leben. - Forced-Choice-Verfahren:
Die Versuchspersonen mussten aus einer festen Liste von Emotionswörtern das passende auswählen. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit für die vermeintlich „richtige“ Antwort künstlich (methodisches Artefakt) und lässt zu, dass die Probanden einfach raten.
3. Mangelnde Spezifität und Alternativmodelle
Kritiker argumentieren, dass die Annahme, jede Basisemotion habe ein einzigartiges, distinktes Muster in Physiologie und Verhalten, nicht ausreichend belegt ist.
- Physiologische Überlappung:
Es gibt keine klaren, spezifischen physiologischen Signaturen (Herzrate, Schwitzen etc.), die jede Basisemotion eindeutig voneinander trennen. Die physiologischen Reaktionen bei Angst und Wut ähneln sich beispielsweise stark. - Alternative, dimensionale Modelle:
Viele Psychologen bevorzugen dimensionale Emotionsmodelle (wie das Circumplex-Modell von Russell). Diese Modelle sehen Emotionen nicht als getrennte Kategorien, sondern als Zustände, die auf einem Kontinuum von Valenz (angenehm vs. unangenehm) und Erregung (aktiviert vs. deaktiviert) angeordnet sind. - Fehlende Emotionen:
Das Modell ist reduktionistisch und kann komplexe, soziale Emotionen wie Scham, Schuld, Neid oder Liebe nicht adäquat erklären, da diese nicht einfach als „Mischungen“ der Basisemotionen verstanden werden können.