Bewegung
Bewegung spielt in der Psychologie und Psychotherapie, insbesondere für die psychische Gesundheit, eine Rolle, die weit über die reine physische Aktivität hinausgeht. Sie beeinflusst kognitive Funktionen, die emotionale Regulierung, die Stressbewältigung und wird gezielt therapeutisch eingesetzt.
Kognitive und Neuropsychologische Effekte
Bewegung hat direkte Auswirkungen auf die Struktur und Funktion des Gehirns:
- Neurogenese:
Regelmäßige körperliche Aktivität, insbesondere aerobes Training, fördert die Bildung neuer Neuronen im Hippocampus, einer Region, die für Lernen und Gedächtnis zentral ist. - Kognitive Leistung:
Bewegung verbessert die Aufmerksamkeit, die exekutiven Funktionen (Planung, Entscheidungsfindung) und die Verarbeitungsgeschwindigkeit. Studien zeigen, dass akute Bewegungseinheiten die kognitive Leistung unmittelbar nach dem Training steigern können. - Neurotransmitter:
Körperliche Aktivität beeinflusst die Ausschüttung wichtiger Neurotransmitter wie Serotonin, Dopamin und Noradrenalin, die für Stimmung und Motivation entscheidend sind.
Emotionale Regulation und Stimmung
Bewegung ist ein effektives Werkzeug zur Beeinflussung des emotionalen Zustands:
- Stressreduktion:
Bewegung dient als Stresspuffer, indem sie die physiologische Reaktion auf Stress (z.B. Herzfrequenz, Cortisolspiegel) reduziert und Spannungen abbaut. - Stimmungsaufhellung:
Die oft als „Runner’s High“ beschriebene Euphorie wird teilweise auf die Ausschüttung von Endorphinen und Endocannabinoiden zurückgeführt. Bewegung wirkt wie ein natürliches Antidepressivum. - Angstreduktion:
Regelmäßiges Training kann die Grundangst (Trait Anxiety) senken und hilft im akuten Moment der Angst, die körperlichen Symptome (z.B. erhöhte Herzfrequenz) neu zu bewerten und zu kontrollieren.
Bewegung als Therapeutische Intervention
In der klinischen Psychologie wird Bewegung gezielt eingesetzt:
- Behandlung von Depressionen:
Bewegungstherapie (insbesondere Ausdauersport) ist eine empirisch belegte, effektive Behandlungsform für leichte bis mittelschwere Depressionen und wird oft komplementär (ergänzend) zur Psychotherapie und Pharmakotherapie eingesetzt. - Körpererleben:
Bewegung hilft, ein gesundes Körpergefühl und Selbstwirksamkeit zu entwickeln. Dies ist besonders wichtig bei Klienten mit Essstörungen oder Traumafolgestörungen, deren Körperwahrnehmung gestört ist. - Verhaltensaktivierung:
Bei Depressionen ist oft die Verhaltensaktivierung ein wichtiges Therapieziel, um aus dem Zustand der Passivität und des Rückzugs herauszukommen. Bewegung ist hier ein einfacher, positiver Startpunkt.
Fazit: Bewegung ist nicht nur ein Faktor der körperlichen Gesundheit, sondern ein zentrales Element der psychischen Selbstregulation und ein wichtiges therapeutisches Werkzeug, da sie positive biochemische, kognitive und emotionale Veränderungen bewirkt.
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