Beziehungsmotive

Insbesondere der Klinischen Psychologie und Psychotherapie bezeichnen Beziehungsmotive die tief verwurzelten, überdauernden Bedürfnisse und Antriebe, die unser Verhalten in zwischenmenschlichen Interaktionen initiieren, steuern und aufrechterhalten. Sie sind essenziell für unser Wohlbefinden und die Persönlichkeitsentwicklung, da Menschen grundlegend soziale Wesen sind.

Beziehungsmotive in der Psychotherapie

In der klinischen Psychologie, insbesondere in der Klärungsorientierten Psychotherapie nach Rainer Sachse, werden Beziehungsmotive als zentrale störungsrelevante Determinanten betrachtet, deren Befriedigung oder Frustration grundlegende Bedeutung für die Beziehungsgestaltung und emotionale Schemata hat:

  • Anerkennung und Wertschätzung
    • Ziel:
      Von relevanten Bezugspersonen geliebt, gemocht, respektiert und für die eigene Person sowie die Leistung geschätzt zu werden.
    • Frustration:
      Führt zu Unsicherheit, geringem Selbstwertgefühl und der Angst, nicht akzeptabel zu sein.
  • Wichtigkeit und Bedeutung
    • Ziel:
      Im Leben eines Interaktionspartners eine bedeutende Rolle zu spielen, ernst genommen zu werden und Aufmerksamkeit sowie Zeit zu erhalten.
    • Frustration:
      Kann zu dem Gefühl führen, irrelevant oder austauschbar zu sein, und motiviert oft zu (unbewusstem) Drama oder Hilflosigkeit, um Beachtung zu erlangen.
  • Verlässlichkeit und Sicherheit
    • Ziel:
      Eine stabile, zeitüberdauernde und belastbare Beziehung zu haben, in der der Partner auch in Krisen da ist und man sich auf ihn verlassen kann.
    • Frustration:
      Schafft Unsicherheit und Angst vor Verlassenwerden.
  • Autonomie und Selbstbestimmung
    • Ziel:
      Die eigenen Entscheidungen treffen zu können, eigene Ziele zu verfolgen und das persönliche Leben selbst zu gestalten – auch innerhalb einer Partnerschaft.
    • Frustration:
      Führt zu dem Gefühl der Gefangenschaft oder Kontrolle und kann zu passivem Widerstand oder Rückzug motivieren.
  • Solidarität und Unterstützung
    • Ziel:
      Das Gefühl zu haben, dass der Partner bedingungslos auf der eigenen Seite steht, Unterstützung, Schutz und Hilfe gewährt, wenn sie benötigt werden.
    • Frustration:
      Führt zu Misstrauen, dem Gefühl, allein kämpfen zu müssen, und der Neigung, Beziehungen als kompetitiv oder feindselig zu erleben.

Diese Motive sind fundamental für die Bildung von Beziehungsschemata – inneren Erwartungen und Regeln darüber, wie Beziehungen funktionieren und was man von anderen erwarten kann. Die Frustration dieser Motive in der Kindheit kann zur Entwicklung dysfunktionaler Schemata führen, die das spätere Beziehungsverhalten stark negativ beeinflussen.

Sachse postuliert in seinem Modell der Motiv-Hierarchie eine hierarchische Ordnung dieser Motive in Bezug auf ihre grundlegende Relevanz für das Überleben und das psychische Wohlbefinden. In der therapeutischen Anwendung erlaubt dieses Modell zu verstehen, welche Motive beim Klienten verletzt und welche dysfunktionalen Strategien (Schemata) zur deren Befriedigung entwickelt wurden.

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