Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS)

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS), im ICD-10 als Emotional instabile Persönlichkeitsstörung, Borderline-Typus (F60.31) bezeichnet, ist eine schwere psychische Störung aus dem Cluster B („dramatisch, emotional, erratisch“).

Der Kern der Störung liegt in einer tiefgreifenden Dysregulation der Emotionen (Emotionale Instabilität), was zu starken Stimmungsschwankungen, Impulsivität, instabilen Beziehungen und einem gestörten Selbstbild führt.

Kernmerkmale und Symptome (DSM-5/ICD-10)

Die Diagnose wird gestellt, wenn ein überdauerndes Muster vorliegt und mindestens fünf der folgenden neun Kriterien erfüllt sind:

1. Affektive Instabilität (Emotionale Dysregulation)

  • Affektive Instabilität:
    Ausgeprägte Reaktivität der Stimmung. Schnelle, intensive und häufig wechselnde Stimmungen (z. B. von massiver Freude zu tiefer Traurigkeit oder Angst), die meist nur wenige Stunden andauern.
  • Unangemessene, heftige Wut:
    Häufige Wutausbrüche, andauernder Ärger oder Schwierigkeiten, Wut zu kontrollieren.
  • Chronische Gefühle von Leere.

2. Impulsivität und selbstschädigendes Verhalten

  • Impulsivität:
    Impulsivität in mindestens zwei potenziell selbstschädigenden Bereichen (z. B. Geldausgaben, Sexualität, Substanzmissbrauch, rücksichtsloses Fahren, Fressanfälle).
  • Selbstverletzung und Suizidalität:
    Wiederholtes suizidales Verhalten, Suizidandeutungen oder -drohungen oder selbstverletzendes Verhalten (wie Schneiden, Brennen), oft als Versuch, unerträgliche Anspannung zu regulieren.

3. Instabilität im Selbstbild und in Beziehungen

  • Identitätsstörung:
    Ausgeprägte und anhaltende Instabilität des Selbstbildes oder des Gefühls für sich selbst (z. B. wechselnde Ziele, Werte, berufliche oder sexuelle Identität).
  • Instabile Beziehungen:
    Ein Muster instabiler und intensiver zwischenmenschlicher Beziehungen, gekennzeichnet durch einen extremen Wechsel zwischen Idealisierung (die Person ist perfekt) und Entwertung (die Person ist schlecht). Dieses Phänomen wird oft als „Splitting“ bezeichnet.
  • Verzweifeltes Bemühen, Verlassenwerden zu vermeiden
    (tatsächliches oder vermutetes).

4. Kognitive Symptome

Psychologische Theorien und Ursachen

Die BPS wird durch ein bio-psycho-soziales Modell erklärt. Eine der bekanntesten psychologischen Erklärungen ist die Biosoziale Theorie der Emotionsregulation von Marsha Linehan:

  1. Biologische Vulnerabilität:
    Eine angeborene Empfindlichkeit und Reaktivität des Temperaments führt dazu, dass Emotionen schneller und intensiver erlebt werden und langsamer wieder abklingen.
  2. Invalidierendes Umfeld:
    Die emotionale Instabilität trifft auf eine Umgebung, in der die emotionalen Erfahrungen des Kindes wiederholt nicht angemessen validiert (bestätigt) werden. Dem Kind wird vermittelt, dass seine Gefühle ungültig, übertrieben oder unangemessen sind.
  3. Entwicklungsdefizit:
    Die Wechselwirkung führt zur Unfähigkeit, Emotionen effektiv zu regulieren (Emotionale Dysregulation), sowie zum Fehlen angemessener Bewältigungsstrategien für hohe Anspannung. Häufig liegen zudem traumatische Erfahrungen (Vernachlässigung, Missbrauch) in der Kindheit vor.

Behandlung

Die BPS gilt als eine der bestuntersuchten und am erfolgreichsten behandelbaren Persönlichkeitsstörungen. Die Therapie ist jedoch langwierig und intensiv.

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