Depersonalisation

Die Depersonalisation ist ein psychologisches Phänomen und ein Symptom, das zu den dissoziativen Störungen gezählt wird. Sie beschreibt einen Zustand der Selbstentfremdung, bei dem sich eine Person von ihrem eigenen Körper, ihren Gedanken, Gefühlen oder Handlungen losgelöst, fremd oder unwirklich fühlt.

Es ist wichtig zu betonen, dass Betroffene in der Regel wissen, dass diese Wahrnehmungsveränderung nicht der Realität entspricht – die Realitätsprüfung ist erhalten.

Symptome der Depersonalisation

Das Erleben kann sich in verschiedenen Aspekten des Selbst manifestieren:

  • Fremdheit des Körpers:
    Das Gefühl, der eigene Körper oder Teile davon gehörten nicht zu einem selbst, seien verändert (z. B. leichter, größer, kleiner) oder wirkten leblos.
  • Beobachter-Gefühl:
    Das Erleben, neben sich zu stehen und sich selbst bei Handlungen oder Gesprächen wie einen externen Beobachter zu sehen (als wäre man in einem Film oder nur ein Zuschauer des eigenen Lebens).
  • Emotionale Taubheit:
    Eine starke emotionale Abstumpfung oder Leere; das Gefühl, man könne keine echten Emotionen mehr empfinden oder die Gefühle seien „flach“ oder unwirklich.
  • Automatisches Handeln:
    Die eigenen Handlungen, Bewegungen oder die eigene Stimme werden als mechanisch, ferngesteuert oder roboterhaft erlebt, ohne bewusste Zugehörigkeit zum eigenen Willen.

Abgrenzung zur Derealisation

Die Depersonalisation tritt häufig zusammen mit der Derealisation auf. Während sich die Depersonalisation auf die eigene Person (das Selbst) bezieht, beschreibt die Derealisation das Gefühl der Unwirklichkeit der Umwelt. Die Umgebung wirkt fremd, verzerrt, künstlich, farblos, oder wie durch einen Nebelschleier gesehen.

Ursachen und Funktion (Schutzmechanismus)

Depersonalisation wird oft als eine Schutzreaktion und ein Abwehrmechanismus der Psyche interpretiert.

  • Trauma und Stress:
    Sie tritt häufig als Reaktion auf überwältigenden Stress, traumatische Erlebnisse (insbesondere in der Kindheit, z. B. Vernachlässigung oder Missbrauch) oder lebensbedrohliche Situationen auf.
  • Schutz vor Überforderung:
    Durch die Loslösung von den eigenen Gefühlen und Empfindungen wird eine Art emotionale Betäubung herbeigeführt, die es dem Organismus ermöglicht, mit unerträglichen Schmerzen oder Affekten umzugehen.
  • Zusammenhang mit anderen Störungen:
    Depersonalisation kann ein Symptom verschiedener psychischer Erkrankungen sein, darunter Panikstörungen, Depressionen, Angststörungen und die Borderline-Persönlichkeitsstörung. Als eigenständige Diagnose wird sie als Depersonalisations-/Derealisationsstörung (ICD-10: F48.1) gestellt, wenn die Symptome anhaltend oder wiederkehrend auftreten und zu deutlichem Leid führen.

Therapeutischer Ansatz

In der Therapie (z. B. der Kognitiven Verhaltenstherapie oder traumabasierten Verfahren) liegt der Fokus oft darauf, die Fixierung auf die Symptome zu durchbrechen, da das ständige Grübeln und „Realitätschecken“ den Zustand oft aufrechterhält. Wichtige Techniken sind:

  • Psychoedukation:
    Die Betroffenen lernen, dass Depersonalisation eine (wenn auch unangenehme) Schutzreaktion ist und sie nicht verrückt sind.
  • Achtsamkeits– und Erdungstechniken (Grounding):
    Methoden, die helfen, die Aufmerksamkeit bewusst auf die körperlichen Empfindungen in der Realität zu lenken (z. B. Kälte, Berührung, Geschmacksreize), um das Gefühl der Losgelöstheit zu durchbrechen.
« zurück zum Glossar-Index