Entwicklungsstörungen

In der Psychologie bezeichnen Entwicklungsstörungen (oder Neuroentwicklungsstörungen) signifikante Abweichungen oder Verzögerungen in den altersgemäßen Entwicklungsmustern eines Kindes.

Diese Störungen haben ihren Ursprung in der Kindheit und sind auf eine gestörte Reifung des zentralen Nervensystems zurückzuführen. Sie betreffen die Funktionsfähigkeit in wichtigen Lebensbereichen und sind in der Regel kontinuierlich, das heißt, sie bestehen über einen längeren Zeitraum.

Kernmerkmale einer Entwicklungsstörung

Eine Entwicklungsstörung liegt vor, wenn:

  • Der Erwerb von Fähigkeiten (Meilensteine) deutlich verzögert oder eingeschränkt ist.
  • Die Beeinträchtigungen nicht vorübergehend sind, sondern anhaltend sind und die altersentsprechende Funktionsfähigkeit stark beeinträchtigen (z. B. in der Schule, im sozialen Umgang).
  • Die Störung in der Regel auf neurologischen oder biologischen Ursachen beruht, auch wenn psychosoziale Faktoren den Verlauf beeinflussen können.

Wichtige Arten von Entwicklungsstörungen

Die Störungen werden in internationalen Klassifikationssystemen wie der ICD-10/ICD-11 (International Classification of Diseases) und dem DSM-5 (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) kategorisiert.

Man unterscheidet hauptsächlich nach den betroffenen Bereichen:

1. Umschriebene Entwicklungsstörungen

Diese betreffen spezifische Bereiche, während die allgemeine Intelligenz oft unbeeinträchtigt ist.

Art der StörungBetroffener BereichBeispiele (ICD-10)
Schulische FertigkeitenLesen, Rechtschreiben, RechnenLegasthenie (Lese-Rechtschreibstörung), Dyskalkulie (Rechenstörung)
Sprache und SprechenArtikulation, Sprachausdruck, SprachverständnisExpressive oder rezeptive Sprachstörung
MotorikKoordination der BewegungenEntwicklungs-Koordinationsstörung (Entwicklungsdyspraxie)

2. Globale/Tiefgreifende Neuroentwicklungsstörungen

Diese Störungen beeinträchtigen mehrere Entwicklungsbereiche umfassend (im DSM-5 als Neurodevelopmental Disorders):

  • Autismus-Spektrum-Störung (ASS): Gekennzeichnet durch anhaltende Defizite in der sozialen Kommunikation und Interaktion sowie durch eingeschränkte, repetitive Verhaltensmuster, Interessen oder Aktivitäten.
  • Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS): Gekennzeichnet durch ein Muster von Unaufmerksamkeit und/oder Hyperaktivität-Impulsivität, das die Entwicklung und Funktionsfähigkeit beeinträchtigt.
  • Intellektuelle Entwicklungsstörung (Intelligenzminderung): Globale Beeinträchtigung der intellektuellen Funktionen und des adaptiven Verhaltens.

Die psychologische Diagnostik und Behandlung zielen darauf ab, die spezifischen Defizite frühzeitig zu erkennen und durch gezielte therapeutische Maßnahmen (z. B. Verhaltenstherapie, Sprachtherapie, Ergotherapie) die Entwicklung zu fördern und die Lebensqualität zu verbessern.

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