Erdungstechniken
Erdungstechniken (auch Grounding-Techniken) sind einfache und effektive Übungen aus der Psychologie, die dazu dienen, Menschen schnell aus Zuständen der Dissoziation (wie Depersonalisation und Derealisation), starker Angst oder intensiver Überflutung (z. B. nach einem Trauma) ins Hier und Jetzt zurückzubringen.
Sie funktionieren, indem sie die Aufmerksamkeit von inneren, beängstigenden Gedanken und Gefühlen auf die äußere und körperliche Realität lenken.
Ziel und Anwendung
Das Hauptziel der Erdungstechniken ist die Stabilisierung und das Zurückholen in den aktuellen Moment.
| Zustand | Problem | Funktion der Erdung |
| Dissoziation (Derealisation/Depersonalisation) | Gefühl der Unwirklichkeit oder Losgelöstheit. | Wiederherstellung des Realitätskontakts über die Sinne. |
| Überflutung/Flashbacks (Trauma) | Intensive, nicht kontrollierbare Emotionen oder Erinnerungen. | Distanzierung von der inneren Erfahrung, Fokus auf Sicherheit. |
| Panikattacken | Angst, die Kontrolle zu verlieren oder verrückt zu werden. | Unterbrechung des Teufelskreises der Angst durch kognitive Ablenkung. |
Die drei Kategorien der Erdungstechniken
Man unterscheidet typischerweise zwischen drei Hauptgruppen von Techniken:
1. Kognitive Erdung (Denken)
Diese Techniken lenken die Aufmerksamkeit auf neutrale, logische Denkaufgaben, um die angstbesetzte Gedankenspirale zu unterbrechen.
- 5-4-3-2-1-Methode (Die Sinne):
Diese sehr häufig verwendete Methode lenkt die Aufmerksamkeit auf die fünf Sinne im aktuellen Raum.- Nennen Sie 5 Dinge, die Sie sehen können.
- Nennen Sie 4 Dinge, die Sie berühren/fühlen können (Textur, Temperatur).
- Nennen Sie 3 Dinge, die Sie hören können.
- Nennen Sie 2 Dinge, die Sie riechen können.
- Nennen Sie 1 Sache, die Sie schmecken können (oder ein Gefühl im Mund).
- Kategorien nennen:
Nennen Sie schnell hintereinander Wörter aus einer Kategorie (z. B. 10 blaue Gegenstände, 10 Tierarten, 10 Hauptstädte). - Rechenaufgaben:
Lösen Sie einfache Rechenaufgaben oder zählen Sie rückwärts von 100 in Siebener-Schritten.
2. Körperliche Erdung (Fühlen)
Diese Techniken nutzen gezielte körperliche Reize oder Bewegung, um das Gefühl für den eigenen Körper und den Bodenkontakt zu stärken.
- Füße fest auf den Boden stellen:
Stellen Sie die Füße fest und spürbar auf den Boden. Verlagern Sie das Gewicht langsam von einer Ferse auf die Zehen und spüren Sie den Druck. - Spannung-Entspannung:
Spannen Sie einzelne Muskelgruppen (z. B. die Hände oder die Oberarme) für ein paar Sekunden fest an und lassen Sie sie dann abrupt los. Dies führt den Körper bewusst in die Gegenwart zurück. - Eiswürfel/Kälte:
Halten Sie einen Eiswürfel in der Hand oder spritzen Sie kaltes Wasser ins Gesicht. Der intensive Kältereiz ist eine starke, gegenwärtige Sensation. - Intensive Gerüche:
Riechen Sie bewusst an etwas Starkem (z. B. Pfefferminzöl oder eine Zitrone).
3. Emotionale Erdung (Affekt)
Diese Techniken helfen, sich von der emotionalen Überwältigung zu distanzieren, ohne die Gefühle zu leugnen.
- Visualisierung des „Sicheren Ortes“:
Schließen Sie kurz die Augen und stellen Sie sich einen Ort vor, an dem Sie sich absolut sicher und wohl fühlen. Nennen Sie bewusst die Details dieses Ortes. - Distanzierung (Metaphern):
Fassen Sie das Gefühl als etwas Externes auf, z. B. als Wolke, die vorbeizieht, oder als Welle, die abebbt. Sagen Sie sich: „Ich habe Angst, ich bin nicht die Angst.“ - Affirmationen:
Sagen Sie sich Sätze, die die Realität bestätigen (z. B. „Ich bin hier und jetzt“, „Ich bin in Sicherheit“, „Das ist nur ein Gefühl, es wird vorübergehen“).