Ernährung
Die Wechselwirkung zwischen Ernährung und der psychischen Gesundheit ist ein intensiv erforschtes Feld der Ernährungpsychologie und Ernährungspsychiatrie oder Nutritional Neuroscience. Die Ernährung beeinflusst direkt die Gehirnfunktion, die emotionale Regulierung und das Risiko für psychische Erkrankungen.
Der Mechanismus: Darm-Hirn-Achse und Neurotransmitter
Die Verbindung zwischen dem, was wir essen, und unserer Psyche ist primär auf zwei Mechanismen zurückzuführen:
- Darm-Hirn-Achse (Gut-Brain Axis):
Dies ist eine bidirektionale Kommunikationsverbindung zwischen dem Darm (dem enterischen Nervensystem) und dem Gehirn (dem zentralen Nervensystem).- Die Billionen von Bakterien in unserem Darm (Mikrobiom) produzieren Stoffwechselprodukte. Einige davon können direkt das Gehirn beeinflussen und die Funktion der Blut-Hirn-Schranke (der Schutzbarriere des Gehirns) verändern.
- Der Darm produziert über 90 % des Serotonins (einem wichtigen stimmungsregulierenden Neurotransmitter) im Körper. Eine Dysbalance im Darmmikrobiom kann daher die Serotoninproduktion und -verfügbarkeit beeinträchtigen.
- Bausteine für Neurotransmitter:
Die Nahrung liefert die direkten Bausteine für Neurotransmitter.- Tryptophan, eine essenzielle Aminosäure, ist der direkte Vorläufer von Serotonin.
- Tyrosin ist der Vorläufer von Dopamin und Noradrenalin (wichtig für Motivation und Aufmerksamkeit).
- Ein Mangel an diesen Bausteinen oder notwendigen Kofaktoren (wie Vitamin B6 und B12) kann die Neurotransmitterproduktion beeinträchtigen.
Zusammenhang mit Psychischen Erkrankungen
Untersuchungen zeigen klare Korrelationen zwischen Ernährungsmustern und dem Risiko bzw. dem Verlauf verschiedener psychischer Störungen:
1. Depressionen und Angststörungen
- „Westliche“ Ernährung (Western Diet):
Eine Ernährung, die reich an hochverarbeiteten Lebensmitteln, raffinierten Zuckern und ungesunden Fetten ist, wird mit einem erhöhten Risiko für Depressionen und Angststörungen in Verbindung gebracht. Dies liegt oft an den daraus resultierenden chronischen Entzündungsprozessen im Körper und Gehirn. - Mediterrane Diät:
Eine Ernährung, die reich an Gemüse, Obst, Vollkornprodukten, Fisch (Omega-3-Fettsäuren) und gesunden Ölen ist, wird hingegen mit einem geringeren Risiko für Depressionen und einer Verbesserung der Symptome in Verbindung gebracht. - Omega-3-Fettsäuren:
Diese Fette (EPA und DHA) sind essenziell für die Struktur der Nervenzellmembranen. Niedrige Spiegel werden häufig bei Patienten mit schweren Depressionen gefunden.
2. ADHS und Aufmerksamkeitsstörungen
- Einige Studien deuten darauf hin, dass eine hohe Zufuhr von künstlichen Lebensmittelzusatzstoffen und Farbstoffen bei anfälligen Kindern hyperaktives Verhalten verstärken kann.
- Ein stabiler Blutzuckerspiegel durch komplexe Kohlenhydrate (Vollkorn) ist wichtig für eine konstante Energiezufuhr zum Gehirn und die Aufmerksamkeitsleistung.
3. Psychosen und bipolare Störungen
- Obwohl Ernährung hier keine primäre Ursache ist, zeigen einige Forschungsergebnisse, dass eine Supplementierung mit bestimmten Vitaminen (z.B. B-Vitamine) oder Omega-3-Fettsäuren komplementär zur Standardbehandlung eingesetzt werden kann, um Symptome zu mildern.
Psychologie der Ernährung
Die Psychologie untersucht auch die Verhaltens– und emotionalen Aspekte des Essens:
- Emotionales Essen:
Essen wird oft zur emotionalen Regulierung genutzt (als Reaktion auf Stress, Langeweile oder Trauer) statt auf Hunger. Dies kann zu Übergewicht und einer weiteren Verschlechterung der psychischen Gesundheit führen. - Genuss und Belohnung:
Essen aktiviert das Belohnungssystem (Dopamin) im Gehirn, was zu einem kurzfristigen Gefühl der Befriedigung führt. - Ernährungspsychologie in der Therapie:
Bei der Behandlung von psychischen Störungen (insbesondere Depressionen) kann die Stabilisierung der Ernährungsgewohnheiten und die Ernährungsumstellung Teil des therapeutischen Plans sein, um die psychische Widerstandsfähigkeit zu erhöhen.