Erschöpfung
In der Psychologie wird Erschöpfung als ein Zustand tiefgreifender und anhaltender Müdigkeit definiert, der körperliche, emotionale und kognitive Dimensionen umfasst und sich auch nach Ruhe oder Schlaf nicht ausreichend bessert. Es ist ein zentrales Symptom bei verschiedenen psychischen Störungen und ein Warnsignal für chronische Überlastung.
Psychologische Einordnung und Formen
Erschöpfung ist oft das Resultat eines chronisch erhöhten Stresslevels, bei dem die Anpassungs- und Erholungsfähigkeiten des Körpers und der Psyche überstrapaziert wurden (im Sinne des Allgemeinen Adaptationssyndroms).
Man unterscheidet typischerweise drei eng miteinander verbundene Formen der Erschöpfung:
| Form | Fokus | Beschreibung |
| Emotionale Erschöpfung | Gefühlsebene | Reduzierte Fähigkeit, positive Gefühle zu empfinden und auszudrücken; Gefühl der inneren Leere, Mutlosigkeit. |
| Kognitive Erschöpfung | Geistige Leistung | Eingeschränkte Konzentrations- und Aufmerksamkeitsfähigkeit; Vergesslichkeit, Entscheidungsunfähigkeit, „Nebel im Kopf“. |
| Körperliche Erschöpfung | Physische Ebene | Bleierne Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Schwächegefühl, das in keinem Verhältnis zur körperlichen Anstrengung steht. |
Abgrenzung: Erschöpfung, Burnout und Depression
Erschöpfung ist ein Symptom, das in verschiedenen Kontexten auftritt, insbesondere in:
- Burnout-Syndrom (Ausgebranntsein):
- Fokus:
Bezieht sich primär auf den Arbeits- oder Tätigkeitskontext (Beruf, Studium, Pflege). - Dimensionen (nach ICD-11):
Gefühle von abnehmender Energie/Erschöpfung, erhöhte mentale Distanz/Zynismus zum Beruf und reduzierte professionelle Leistungsfähigkeit. - Motivation:
Betroffene sind oft nur auf der Arbeit antriebslos, können aber in der Freizeit noch Freude empfinden oder Energie mobilisieren (auch wenn dies oft nicht gelingt).
- Fokus:
- Depressive Episode/Störung (Depression):
- Fokus:
Betrifft alle Lebensbereiche (Arbeit, Privatleben, Hobbys). - Kern-Symptome:
Anhaltende Traurigkeit, Interessenverlust und Freudlosigkeit (Anhedonie) sowie Antriebsstörung/Erschöpfung, die nicht auf einen spezifischen Kontext beschränkt sind. - Auslöser:
Vielfältiger als bei Burnout (genetische Faktoren, traumatische Ereignisse, Stressoren).
- Fokus:
- Fatigue-Syndrom (z.B. bei Long-COVID oder Krebs):
- Eine krankheitsbedingte, extreme Erschöpfung, die oft nicht durch die körperliche Anstrengung erklärt werden kann und durch Ruhe kaum zu beheben ist.
Psychische und physische Symptome
Chronische Erschöpfung äußert sich auf vielfältige Weise:
| Psychische Symptome | Physische/Körperliche Symptome |
| Dauermüdigkeit trotz Schlaf | Schlafstörungen (Ein- oder Durchschlafprobleme) |
| Gereiztheit und Frustration | Muskelverspannungen (Nacken, Rücken) |
| Zynismus und innere Distanz | Kopfschmerzen oder Migräne |
| Konzentrationsmangel, Fehler | Herz-Kreislauf-Beschwerden (z. B. erhöhter Blutdruck) |
| Gefühl der Überforderung | Magen-Darm-Probleme (z. B. Verdauungsstörungen) |
| Ängste, Hoffnungslosigkeit | Geschwächtes Immunsystem (häufige Infekte) |
Psychologische Bewältigungsstrategien (Coping)
Die Bewältigung zielt darauf ab, die Stressoren zu reduzieren und die Ressourcen aufzubauen:
- Aktives Problemlösen:
Direkte Veränderung der Belastungssituation (z. B. Reduzierung der Arbeitsstunden, Delegieren von Aufgaben, Setzen von Grenzen). - Kognitive Umstrukturierung:
Hinterfragen von überzogenen Ansprüchen (Perfektionismus) und negativen Denkmustern („Ich muss alles alleine schaffen“). - Regenerationsförderung:
- Achtsamkeit und Entspannung:
Meditation, Yoga, Progressive Muskelentspannung. - Soziale Unterstützung (soziales Netz):
Gezieltes Suchen von positiven sozialen Kontakten und Gesprächen. - Bewegung:
Regelmäßige moderate körperliche Aktivität, da sie Stresshormone abbaut.
- Achtsamkeit und Entspannung:
Der Weg aus der Erschöpfung erfordert oft professionelle Begleitung (Psychotherapie), um die Ursachen zu ergründen und funktionale Bewältigungsstrategien zu erlernen.
« zurück zum Glossar-Index