Frustration

In der Psychologie bezeichnet Frustration einen emotionalen Zustand, der entsteht, wenn das Erreichen eines Ziels, die Befriedigung eines Bedürfnisses oder die Durchführung einer beabsichtigten Handlung blockiert, verhindert oder verzögert wird.

Frustration ist somit die psychische Reaktion auf ein wahrgenommenes Hindernis auf dem Weg zum Ziel.

Die Frustrations-Aggressions-Hypothese

Die bekannteste psychologische Theorie zur Frustration ist die Frustrations-Aggressions-Hypothese, die ursprünglich von Dollard, Miller und Kollegen (1939) formuliert wurde:

  • Ursprüngliche These:
    Frustration führt immer zu Aggression, und Aggression ist immer eine Folge von Frustration.
  • Modifizierte These (Miller, 1941):
    Die Hypothese wurde später abgeschwächt. Es wird angenommen, dass Frustration eine Bereitschaft oder einen Anreiz zur Aggression erzeugt, aber Aggression ist nur eine mögliche Reaktion. Andere Reaktionen (z.B. Regression, Rückzug, oder konstruktives Coping) sind ebenso möglich.

Ursachen und Formen der Frustration

Frustration kann durch verschiedene Arten von Hindernissen ausgelöst werden:

1. Interne Frustration

Die Blockade liegt in der Person selbst.

  • Beispiele:
    Mangelnde Fähigkeit oder Kompetenz, widersprüchliche interne Ziele (innerpsychische Konflikte, z.B. der Wunsch nach Gewichtsabnahme, der durch den Wunsch nach Genuss blockiert wird), oder unüberwindbare körperliche Einschränkungen.

2. Externe Frustration

Die Blockade liegt außerhalb der Person und ist durch die Umwelt bedingt.

  • Beispiele:
    Äußere Hindernisse (eine geschlossene Tür, schlechtes Wetter), soziale Blockaden (Konkurrenz, Ablehnung durch andere) oder wirtschaftliche Einschränkungen (Mangel an Geld oder Ressourcen).

Psychische Reaktionen auf Frustration

Die Art und Weise, wie eine Person auf Frustration reagiert, ist entscheidend und hängt von der kognitiven Bewertung und den erlernten Coping-Strategien ab:

  1. Aggression:
    Direkter Angriff auf die Quelle der Frustration oder Umleitung der Aggression auf ein ungefährlicheres Ziel (Verschiebung).
  2. Regression:
    Der Rückfall in kindlichere, unreifere Verhaltensweisen (z.B. Weinen, Trotzanfälle).
  3. Fixierung:
    Das zwanghafte Beibehalten von Verhaltensweisen, die das Ziel nicht erreichen, obwohl diese offensichtlich erfolglos sind.
  4. Resignation/Depression:
    Bei chronischer, unlösbarer Frustration kann es zur erlernten Hilflosigkeit und zum Rückzug führen, was Depressionen begünstigt.
  5. Konstruktives Coping:
    Realistische Neubewertung des Ziels, Anpassung des Plans oder Sublimierung (Umlenken der Energie in eine sozial akzeptable Tätigkeit).

Modernere Theorien zur Frustration

Die moderneren psychologischen Theorien zur Frustration haben die starre Verbindung zur Aggression (Frustrations-Aggressions-Hypothese) gelöst und betonen stattdessen die Rolle der kognitiven Bewertung, der erlernten Hilflosigkeit und der Emotionsregulation als Reaktion auf blockierte Ziele.

1. Kognitiv-Transaktionales Stressmodell (Lazarus & Folkman)

Dieses Modell (auch Emotions-Stress-Modell genannt) erklärt Frustration als einen spezifischen Bewertungsprozess und eine emotionale Reaktion im Stressmanagement.

  • Primäre Bewertung (Primary Appraisal):
    Wenn ein Ziel blockiert wird, bewertet die Person dies als „Verlust“ oder „Bedrohung“ – eine Form der Frustration.
  • Sekundäre Bewertung (Secondary Appraisal):
    Die Emotion Frustration entsteht, wenn die Person ihre Bewältigungsressourcen (Coping) als unzureichend einschätzt, um das Hindernis zu überwinden.
  • Dynamische Reaktion:
    Anstatt nur Aggression zu zeigen, führt diese Bewertung zur Aktivierung spezifischer Coping-Strategien (z.B. problemorientiertes Coping, um das Hindernis zu beseitigen, oder emotionsorientiertes Coping, um die Wut zu regulieren).
  • Moderne Sicht:
    Frustration ist hier primär eine negative Emotion, die ein Signal für die Notwendigkeit von Handeln oder Anpassung darstellt.

2. Theorie der Erlernten Hilflosigkeit (Seligman)

Dieses Modell erklärt die chronische, unlösbare Frustration und deren Übergang in depressive Zustände.

  • Ursprung:
    Das Modell besagt, dass Frustration, die wiederholt und unkontrollierbar erlebt wird, zur Annahme führt, dass die eigenen Handlungen keinen Einfluss auf das Ergebnis haben.
  • Kognitive Komponente:
    Entscheidend sind die Attributionen (Erklärungsstile) der Person: Wird die Frustration als stabil (dauerhaft), global (wirkt sich auf alle Lebensbereiche aus) und internal (liegt an mir selbst) bewertet, führt dies zu Resignation und dem Zustand der erlernten Hilflosigkeit.
  • Folge:
    Die Person gibt die Anstrengung auf, das Ziel zu verfolgen, selbst wenn das Hindernis entfernt wird, was ein Kernmerkmal vieler depressiver Störungen ist.

3. Emotionale Regulationstheorien

Diese Ansätze betrachten Frustration als einen hoch-aktivierten emotionalen Zustand, der reguliert werden muss.

  • Dysfunktionale Regulation:
    Bei Personen mit niedriger Frustrationstoleranz führt der Frustrationsimpuls sofort zu dysfunktionalen Entladungen wie Aggression, Impulsivität oder Selbstverletzung (Autoaggression). Hier dient die aggressive Reaktion der sofortigen, wenn auch kurzfristigen, Spannungsreduktion.
  • Intervention:
    Die moderne Psychotherapie (z.B. DBT, Schematherapie) zielt darauf ab, die Frustrationstoleranz zu erhöhen und funktionale Skills zu lehren, um die Wut und Anspannung auszuhalten und konstruktiv zu kanalisieren, anstatt sie sofort zu entladen.
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