Impulskontrolle
Impulskontrolle in der Psychologie ist die Fähigkeit zur Selbstkontrolle und Selbstregulation. Sie beschreibt die Kompetenz, von außen (z. B. eine Provokation) oder von innen (z. B. ein drängendes Bedürfnis oder ein Trieb) kommende Impulse, Emotionen und Affekte zu beherrschen, aufzuschieben oder ganz zu unterdrücken.
Die Impulskontrolle ist entscheidend, um Handlungen zu planen und langfristige Ziele zu verfolgen, anstatt kurzfristigen Gelüsten nachzugeben.
Funktion und psychologische Bedeutung
Impulskontrolle ist ein Teil der sogenannten exekutiven Funktionen des Gehirns und ist für erfolgreiches, sozial angepasstes Verhalten und Zielerreichung notwendig:
- Belohnungsaufschub:
Die Fähigkeit, auf eine größere Belohnung in der Zukunft zu warten, anstatt eine kleinere sofort zu erhalten (klassisch im „Marshmallow-Test“ erforscht). - Volition (Willenskraft):
Sie ermöglicht es, trotz unangenehmer Gefühle oder Ablenkungen (Impulse) an einer einmal gefassten Absicht festzuhalten. - Soziale Anpassung:
Sie ist grundlegend, um in sozialen Interaktionen die eigenen Emotionen (z. B. Wut, Aggression) zu kontrollieren und das Verhalten den gesellschaftlichen Normen anzupassen.
Störungen der Impulskontrolle (ICD-10/ICD-11)
Von einer Störung der Impulskontrolle (ICD-10 Code: F63) spricht man, wenn die Unfähigkeit, bestimmten Impulsen zu widerstehen, zu einem unangepassten Verhalten führt, das dem Betroffenen selbst oder anderen Schaden zufügt (z. B. finanzielle, soziale oder gesundheitliche Schäden).
Das zentrale Merkmal ist ein starker, dranghafter Impuls, dem Betroffene trotz negativer Konsequenzen nachgeben. Oft erleben sie vor der Handlung eine wachsende Anspannung und nach der Ausführung eine kurzfristige Erleichterung gefolgt von Schuldgefühlen oder Reue.
Beispiele für diagnostizierte Impulskontrollstörungen:
- Pathologisches Spielen (Glücksspielsucht):
Zwanghaftes, nicht kontrollierbares Spielen trotz negativer Folgen. - Kleptomanie (Pathologisches Stehlen):
Wiederholte Diebstähle von Gegenständen, die nicht zum persönlichen Gebrauch oder aus finanziellem Nutzen benötigt werden. - Pyromanie (Pathologische Brandstiftung):
Das absichtliche und wiederholte Anzünden von Feuer, oft begleitet von einer Faszination dafür. - Trichotillomanie:
Das zwanghafte Ausreißen eigener Haare.
Im ICD-11 wurden einige Störungen neu klassifiziert, und andere impulsive Verhaltensweisen (z. B. exzessives Kaufen oder Essen) werden oft im Rahmen anderer Diagnosen (wie Abhängigkeitserkrankungen oder Essstörungen) betrachtet.
Therapieansätze
Die Behandlung von Problemen mit der Impulskontrolle zielt darauf ab, die Selbststeuerungsfähigkeiten zu verbessern. Häufig kommen dabei Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) und der Dialektisch-Behavioralen Therapie (DBT) zum Einsatz.
Wichtige therapeutische Techniken:
- Selbstbeobachtung:
Die Patienten lernen, die Auslöser (Trigger) und die Anspannung vor dem impulsiven Verhalten bewusst wahrzunehmen und zu protokollieren. - Ersatzreaktionen (Skills):
Erlernen von Verhaltensweisen oder Bewältigungsstrategien, um die innere Anspannung abzubauen, ohne dem schädlichen Impuls nachzugeben (z. B. Eiswürfel festhalten, Stressbälle, Atemübungen). - Kognitive Umstrukturierung:
Die Gedankenmuster zu identifizieren und zu verändern, die den Impuls rechtfertigen oder verstärken. - Reaktionsverhinderung:
Gezielte Übungen, um das impulsive Verhalten zu unterlassen (wichtig bei Zwängen und süchtigem Verhalten).