Konflikte

In der Psychologie bezeichnet ein Konflikt eine Spannungssituation, die durch das Aufeinandertreffen unvereinbarer oder gegensätzlicher Elemente entsteht. Diese Elemente können Interessen, Ziele, Bedürfnisse, Wertvorstellungen oder Handlungen sein.

Konflikte sind ein zentrales Forschungsfeld, da sie sowohl zu psychischem Leid als auch zu persönlichem Wachstum führen können. Man unterscheidet hauptsächlich zwischen zwei großen Konfliktbereichen:

1. Intrapersonelle Konflikte (Innere Konflikte)

Diese Konflikte finden innerhalb einer Person statt. Es handelt sich um eine psychische Auseinandersetzung zwischen widerstreitenden Wünschen, Motiven oder Überzeugungen.

Nach dem Konfliktmodell des Psychologen Kurt Lewin lassen sich verschiedene intrapersonelle Konflikttypen unterscheiden:

  • Appetenz-Appetenz-Konflikt:
    • Beschreibung:
      Wahl zwischen zwei positiven Zielen. Beide Optionen sind attraktiv und schließen sich gegenseitig aus.
    • Beispiel:
      Man hat die Wahl zwischen zwei sehr reizvollen Jobangeboten.
  • Aversions-Aversions-Konflikt:
    • Beschreibung:
      Wahl zwischen zwei negativen Zielen. Man muss sich für das kleinere Übel entscheiden.
    • Beispiel:
      Man muss entweder eine unangenehme Aufgabe sofort erledigen oder die Konsequenzen eines Aufschubs in Kauf nehmen.
  • Appetenz-Aversions-Konflikt:
    • Beschreibung:
      Ein Ziel hat sowohl positive als auch negative Aspekte. Das Hin und Her wird als Ambivalenz erlebt.
    • Beispiel:
      Man möchte ein attraktives Ziel erreichen (z. B. einen neuen Lebensstil), fürchtet aber die damit verbundenen Kosten und Risiken (z. B. den Verlust der gewohnten Sicherheit).

Weitere Intrapersonelle Konflikte

  • Rollenkonflikte:
    Eine Person nimmt gleichzeitig mehrere Rollen ein, deren Anforderungen unvereinbar sind (z. B. die Rolle als pflegende Angehörige und als Vollzeit-Arbeitnehmerin).
  • Identitätskonflikte:
    Konflikt um die eigene Zugehörigkeit, Werte oder Selbstdefinition (z. B. in der Adoleszenz oder bei Migration).

2. Interpersonelle Konflikte (Zwischenmenschliche Konflikte)

Diese Konflikte entstehen zwischen zwei oder mehreren Personen oder Gruppen. Sie lassen sich in unterschiedliche Konfliktypen unterteilen:

  • Sachkonflikte:
    Auseinandersetzung über Inhalte, Meinungen oder Fakten (z. B. über die beste Strategie zur Erreichung eines Ziels).
  • Beziehungskonflikte:
    Auseinandersetzung auf der persönlichen Ebene, basierend auf Abneigung, Misstrauen, Ressentiments oder nicht erfüllten psychologischen Grundbedürfnissen (z. B. nach Wertschätzung).
    Achtung: Sachkonflikte eskalieren oft zu Beziehungskonflikten, wenn sich eine Seite persönlich angegriffen fühlt.
  • Verteilungskonflikte:
    Streit um die Verteilung begrenzter Ressourcen (Geld, Zeit, Macht, Anerkennung).
  • Zielkonflikte:
    Die Ziele zweier Parteien sind miteinander unvereinbar oder schließen sich aus.

Konfliktlösung und -bewältigung

Die Psychologie bietet verschiedene Modelle und Strategien zur konstruktiven Konfliktlösung, da Konflikte auch eine Chance für Veränderung und Wachstum sein können.

Wesentliche psychologische Ansätze umfassen:

  • Gewaltfreie Kommunikation (GFK):
    Fokus auf das Ausdrücken eigener Gefühle und Bedürfnisse („Ich-Botschaften“) statt auf Vorwürfe oder Interpretationen („Du-Botschaften“).
  • Perspektivübernahme und Empathie:
    Die Fähigkeit, die Situation aus der Sicht der Gegenpartei zu verstehen und deren zugrunde liegende Bedürfnisse zu erkennen.
  • Klärung:
    Die Klärungsorientierte Psychotherapie (KOP) von Rainer Sachse legt Wert darauf, dass unbewusste Motive und dysfunktionale Schemata explizit gemacht werden, um die wahren Ursachen des Konflikts zu verstehen.
  • Konfliktmanagement-Strategien:
    Das Bewusstsein für die eigenen Konfliktstile (z. B. Konkurrieren, Vermeiden, Kompromiss, Kooperation) und die bewusste Wahl der Einigung (Win-Win-Lösung) als reifste Form der Konfliktbewältigung.
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