Neurotransmitter
Neurotransmitter (auch Überträgerstoffe) sind chemische Botenstoffe, die Informationen über den synaptischen Spalt von einer Nervenzelle (Neuron) zur nächsten übertragen. Sie spielen eine grundlegende Rolle bei der Regulierung nahezu aller psychischer Prozesse, einschließlich Stimmung, Kognition, Schlaf, Lernen, Gedächtnis und Emotionen.
Funktion und Mechanismus
Neurotransmitter sind der Schlüssel zur Kommunikation im Nervensystem:
- Synthese:
Sie werden im Endknöpfchen des präsynaptischen Neurons hergestellt und in Vesikeln gespeichert. - Freisetzung:
Ein elektrischer Impuls (Aktionspotenzial) erreicht das Endknöpfchen und veranlasst die Freisetzung der Neurotransmitter in den synaptischen Spalt. - Bindung:
Die Transmitter binden an spezifische Rezeptoren auf der postsynaptischen Zelle. - Effekt:
Die Bindung löst eine Reaktion in der Empfängerzelle aus.
Neurotransmitter können entweder erregend (exzitatorisch) wirken (die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die postsynaptische Zelle feuert) oder hemmend (inhibitorisch) wirken (die Wahrscheinlichkeit senken). - Deaktivierung:
Nach der Übertragung werden die Transmitter schnell durch Enzyme abgebaut oder von der präsynaptischen Zelle wieder aufgenommen (Reuptake), um die Signalübertragung zu beenden.
Wichtige Neurotransmitter und ihre psychologische Bedeutung
Eine Dysregulation dieser Systeme steht im Zentrum vieler psychischer Störungen.
| Neurotransmitter | Hauptfunktion | Psychologische Relevanz und Störungen |
| Serotonin (5-HT) | Stimmung, Schlaf, Appetit, Impulsivität | Mangel assoziiert mit Depressionen, Angststörungen, Zwangsstörungen und Aggression. Viele Antidepressiva (SSRI) erhöhen die Serotonin-Verfügbarkeit im synaptischen Spalt. |
| Dopamin (DA) | Belohnung, Motivation, Bewegung, Aufmerksamkeit | Zentral für das Belohnungssystem und Suchtverhalten. Überaktivität in bestimmten Hirnregionen mit Psychosen (z.B. Schizophrenie) assoziiert; Mangel mit Aufmerksamkeitsstörungen (ADHS) und motorischen Störungen (z.B. Parkinson). |
| Noradrenalin (NA) | Wachheit, Erregung (Arousal), Stressreaktion | Spielt eine Rolle im Kampf-oder-Flucht-System. Dysregulation beteiligt an Angststörungen und der Stressreaktion. |
| GABA (Gamma-Aminobuttersäure) | Wichtigster hemmender Neurotransmitter | Wirkt beruhigend und angstlösend. Mangel oder reduzierte Funktion mit erhöhter Angst und Schlafstörungen assoziiert. Anxiolytika (z.B. Benzodiazepine) verstärken die Wirkung von GABA. |
| Glutamat | Wichtigster erregender Neurotransmitter | Essentiell für Lernen und Gedächtnis. Übermäßige Aktivität kann neurotoxisch sein (Schädigung von Neuronen). |
| Acetylcholin (ACh) | Muskelkontrolle, Lernen, Gedächtnis | Beteiligt an Schlaf-Wach-Zyklen. Reduzierte Funktion mit kognitiven Beeinträchtigungen bei Alzheimer-Krankheit assoziiert. |
Klinische Relevanz in der Psychopharmakologie
Das Verständnis der Neurotransmitter-Systeme ist die Grundlage der Psychopharmakologie. Die meisten Medikamente zur Behandlung psychischer Störungen zielen darauf ab, das Gleichgewicht dieser Botenstoffe im Gehirn zu korrigieren:
- Antidepressiva (SSRI, SNRI):
Blockieren die Wiederaufnahme (Reuptake) von Serotonin und/oder Noradrenalin, um deren Konzentration im synaptischen Spalt zu erhöhen. - Antipsychotika:
Blockieren in der Regel Dopamin-Rezeptoren, um die Dopamin-Überaktivität bei Psychosen zu reduzieren. - Anxiolytika:
Verstärken die hemmende Wirkung von GABA, um die neuronale Erregung zu dämpfen und Angst zu reduzieren.