Perfektionismus

In der Psychologie bezeichnet Perfektionismus einen Persönlichkeitsstil, der durch das Streben nach extrem hohen, oft unerreichbaren Standards und eine übermäßig kritische Bewertung der eigenen Leistung charakterisiert ist.

Es ist wichtig, zwischen dem gesunden, förderlichen Aspekt und dem problematischen, psychisch belastenden Aspekt zu unterscheiden.

Die zwei Hauptdimensionen des Perfektionismus

Der Perfektionismus wird in der Forschung oft in zwei Hauptkomponenten unterteilt, die unterschiedliche Auswirkungen auf das psychische Wohlbefinden haben:

1. Perfektionistisches Streben (Adaptive/Positive Dimension)

Dies beschreibt den gesunden Ehrgeiz und das Streben nach Exzellenz.

  • Merkmale:
    • Setzen von hohen, aber realistischen persönlichen Standards,
    • hohe Organisationsfähigkeit,
    • Gewissenhaftigkeit und
    • intrinsische Motivation.
  • Auswirkungen:
    • Führt oft zu hoher Leistung,
    • Erfolg,
    • Ausdauer und kann mit
    • höherer Lebenszufriedenheit und
    • positivem Wohlbefinden korrelieren.

2. Perfektionistische Besorgnis (Maladaptive/Dysfunktionale Dimension)

Dies ist die problematische Form, die mit psychischen Belastungen assoziiert ist.

  • Merkmale:
    • Angst vor Fehlern und Misserfolg,
    • übermäßige Selbstkritik,
    • Zweifel an den eigenen Handlungen,
    • überhöhte Sorge um die Bewertung durch andere und ein
    • erfolgsabhängiger Selbstwert (der Wert der Person hängt von der Fehlerfreiheit der Leistung ab).
  • Auswirkungen:

Der „Klinische Perfektionismus“

Der klinische Perfektionismus bezieht sich auf die maladaptive Dimension, wenn diese zu einer starren, rigiden Haltung und erheblichem Leiden führt. Er gilt als transdiagnostischer Risikofaktor, d.h., er spielt bei der Entstehung und Aufrechterhaltung vieler psychischer Erkrankungen eine Rolle:

  • Angststörungen:
    Angst vor negativer Bewertung oder Versagen.
  • Depressionen:
    Durch die ständige Diskrepanz zwischen überhöhten Standards und der realen Leistung.
  • Essstörungen (z.B. Anorexia nervosa):
    Das perfektionistische Streben richtet sich auf den Körper und die Nahrungsaufnahme.
  • Zwangsstörungen:
    Manifestiert sich oft in einem „Just-right-Perfektionismus“ und der Notwendigkeit, Rituale fehlerfrei auszuführen.

Ursachen und Therapieansatz

Ursachen

Perfektionismus entsteht oft durch:

  • Frühe Lernerfahrungen:
    Strikte, leistungsorientierte Erziehung, bei der Liebe und Anerkennung an (fehlerfreie) Leistung geknüpft waren.
  • Gesellschaftliche Anforderungen:
    Die zunehmende Betonung von Exzellenz und Wettbewerb.

Therapie

In der kognitiven Verhaltenstherapie zielt die Behandlung darauf ab, die starren, absoluten Denkregeln („Alles-oder-Nichts-Denken“) zu lockern und den Selbstwert vom Leistungsergebnis abzukoppeln. Zentral ist das Erlernen von Selbstmitgefühl und die Akzeptanz von Fehlern als Teil des menschlichen und Lernprozesses.

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