Prokrastination
In der Psychologie bezeichnet Prokrastination das chronische und exzessive Aufschieben wichtiger und beabsichtigter Aufgaben, obwohl man sich der potenziell negativen Konsequenzen bewusst ist.
Psychologische Aspekte
Definition
Prokrastination wird oft als eine „irrationale“ Entscheidung gegen eine Handlung ohne Rücksicht auf die negativen Folgen beschrieben. Es ist mehr als Faulheit; es ist ein ernsthaftes Problem der Selbstregulation und Handlungssteuerung.
Funktion: Emotionsregulation
Ein zentraler psychischer Mechanismus ist die kurzfristige Emotionsregulation. Prokrastinierende vermeiden negative Gefühle wie
- Langeweile,
- Frustration,
- Angst vor Misserfolg oder Überforderung,
die mit der Aufgabe verbunden sind, indem sie sich angenehmeren Ersatzhandlungen, z.B.
- Aufräumen,
- Surfen,
- Fernsehen,
zuwenden. Dies führt zu einer kurzfristigen Erleichterung, die das aufschiebende Verhalten verstärkt (negative und positive Verstärkung, siehe operante Konditionierung).
Ursachen und begünstigende Faktoren:
- Angst und Perfektionismus:
Oft hängt das Aufschieben mit der Angst vor Misserfolg oder der Angst vor negativer Bewertung zusammen. Der Anspruch, alles perfekt machen zu müssen, kann so einschüchternd wirken, dass man gar nicht erst beginnt. - Mangelnde Selbstwirksamkeit:
Die Überzeugung, die Aufgabe nicht bewältigen zu können oder keinen Einfluss auf das Ergebnis zu haben. - Aufgabenbezogene Faktoren:
Als langweilig, irrelevant oder zu komplex empfundene Aufgaben. - Impulsivität und geringe Gewissenhaftigkeit:
Persönlichkeitsmerkmale, die das Handeln aus dem Moment heraus begünstigen und die Selbstkontrolle erschweren.
Konsequenzen
Chronisches Aufschieben kann zu Leistungseinbußen, anhaltendem Stress, Schuldgefühlen, einem geringeren Selbstwertgefühl und im schlimmsten Fall zu psychischen Beschwerden wie Angstzuständen oder depressiven Verstimmungen führen.
Behandlung
Bei ausgeprägter Prokrastination, die den Alltag stark beeinträchtigt, sind psychologische Beratung oder Therapie (oft Kognitive Verhaltenstherapie) sinnvoll.
Häufige Strategien gegen Prokrastination:
- Aufgabenstrukturierung:
Große Aufgaben in kleine, überschaubare Schritte unterteilen. - Zielsetzung:
Realistische Ziele und konkrete Pläne (Wann, Wo, Wie lange) festlegen. - Umgang mit negativen Gefühlen:
Erlernen, unangenehme Gefühle im Zusammenhang mit der Aufgabe zu akzeptieren, anstatt sie sofort vermeiden zu wollen. - Ablenkungsmanagement:
Eliminieren von Ablenkungen (z.B. Smartphone ausschalten). - Belohnungssysteme:
Sich nach dem Erledigen von Teilschritten bewusst belohnen.