Selbstbild

Das Selbstbild (oder Selbstkonzept) in der Psychologie ist die kognitive Struktur und Gesamtheit aller Überzeugungen und Kenntnisse, die eine Person über sich selbst besitzt. Es ist die Antwort auf die Frage: „Wer bin ich?“ Das Selbstbild ist deskriptiv (beschreibend), während das Selbstwertgefühl die affektive (emotionale) und bewertende Komponente darstellt („Wie fühle ich mich dabei?“).

Kernkomponenten des Selbstbildes

Das Selbstbild wird üblicherweise in verschiedene Facetten unterteilt, die unsere Identität strukturieren:

  1. Reales Selbst:
    Die aktuelle Wahrnehmung der eigenen Eigenschaften, Fähigkeiten, Rollen und des Verhaltens („Ich bin eine kreative, aber ungeduldige Studentin.“).
  2. Ideales Selbst:
    Die Vorstellung davon, wie man gerne wäre oder welche persönlichen Ziele und Wünsche man hat („Ich möchte geduldiger und disziplinierter sein.“).
  3. Soll-Selbst:
    Die Vorstellung davon, wie man sein sollte, basierend auf externen Erwartungen, Normen oder Pflichten („Meine Eltern erwarten, dass ich eine gute Ärztin werde.“).

Das Selbstbild ist hierarchisch organisiert, von allgemeinen globalen Überzeugungen („Ich bin ein guter Mensch“) bis hin zu spezifischen situativen Überzeugungen („Ich bin heute etwas müde“).

Funktionen und Entwicklung

Das Selbstbild erfüllt mehrere wichtige psychologische Funktionen:

  • Informationsverarbeitung:
    Es dient als Filter und Schema (Selbstschema) zur Selektion und Interpretation von selbstbezogenen Informationen (z. B. erinnern wir uns leichter an Informationen, die zu unserem Selbstbild passen).
  • Motivation und Verhaltenssteuerung:
    Es leitet Entscheidungen und Handlungen. Menschen verhalten sich oft so, dass es ihr Selbstbild bestätigt (Selbstbestätigungstendenz).
  • Regulation:
    Es dient der Steuerung von Emotionen und dem Umgang mit Stress.

Das Selbstbild entwickelt sich über die gesamte Lebensspanne:

  • Kindheit:
    Zunächst sehr konkret und auf beobachtbares Verhalten fokussiert.
  • Jugend (Adoleszenz):
    Entwicklung eines abstrakten, differenzierten Selbstbildes, in dem verschiedene Rollen (Schüler, Freund, Sohn/Tochter) integriert werden müssen. Die Suche nach der Identität ist hier zentral.

Selbstbild und psychische Gesundheit

Die Beziehung zwischen den verschiedenen Komponenten des Selbstbildes ist für die psychische Gesundheit entscheidend:

  • Kongruenz (Übereinstimmung):
    Eine geringe Diskrepanz zwischen dem Realen Selbst und dem Idealen Selbst (nach Carl Rogers) führt zu Wohlbefinden, Zufriedenheit und psychischer Stabilität.
  • Inkongruenz (Nichtübereinstimmung):
    Eine große Diskrepanz führt zu psychischem Leidensdruck.

    • Diskrepanz zwischen Realem Selbst und Idealem Selbst kann zu Depression und Enttäuschung führen.
    • Diskrepanz zwischen Realem Selbst und Soll-Selbst kann zu Angst, Scham und Schuldgefühlen führen.
« zurück zum Glossar-Index