Selbstkonzept

Das Selbstkonzept (Self-Concept) ist in der Psychologie ein fundamentales kognitives Konstrukt. Es beschreibt die Gesamtheit des Wissens, der Überzeugungen, Bewertungen und Wahrnehmungen, die eine Person über sich selbst besitzt. Es ist im Wesentlichen die individuelle Antwort auf die Frage: „Wer bin ich?“

Es ist ein dynamisches, organisiertes System von Annahmen, das sich lebenslang durch Erfahrungen, soziale Interaktion und Selbstreflexion entwickelt.

Komponenten des Selbstkonzepts (Rogers)

Einflussreich ist die humanistische Perspektive nach Carl Rogers, die das Selbstkonzept in drei zentrale Elemente unterteilt:

  1. Selbstbild (Real-Self):
    Die aktuelle und bewusste Wahrnehmung der eigenen Persönlichkeit, Fähigkeiten, Eigenschaften und Rollen. (Wie bin ich?)
  2. Ideales Selbst (Ideal-Self):
    Die Vorstellung davon, wie man gerne wäre – alle Wünsche, Ziele und Ambitionen. (Wie möchte ich sein?)
  3. Selbstwertgefühl (Self-Esteem):
    Die emotionale Bewertung der eigenen Person. (Wie bewerte ich mich?)

Kongruenz und Inkongruenz:
Die Übereinstimmung (Kongruenz) zwischen dem Selbstbild und dem Idealen Selbst ist nach Rogers ein zentraler Indikator für psychische Gesundheit und Wohlbefinden. Eine starke Diskrepanz (Inkongruenz) kann psychischen Stress und Unzufriedenheit auslösen.

Struktur und Funktion

Multidimensionalität und Hierarchie

Das Selbstkonzept ist multidimensional und hierarchisch strukturiert (z.B. nach Shavelson):

  • An der Spitze steht das globale Selbstkonzept (allgemeine Einstellung zur eigenen Person).
  • Darunter liegen bereichsspezifische Selbstkonzepte, die relativ unabhängig voneinander sind (z.B. akademisches, soziales, emotionales und körperliches Selbstkonzept).

Verhaltensregulation

Das Selbstkonzept ist nicht nur eine passive Beschreibung, sondern hat eine verhaltenssteuernde und motivationsfördernde Funktion:

  • Es beeinflusst, welche Ziele eine Person verfolgt und welche Herausforderungen sie annimmt.
  • Es dient als innerer Bezugsrahmen, der hilft, Informationen über die Umwelt zu filtern, zu interpretieren und das eigene Verhalten in sozialen Situationen anzupassen.

Entwicklung

Das Selbstkonzept bildet sich durch folgende Quellen:

  • Feedback durch andere:
    Die Reaktionen und Zuschreibungen von Bezugspersonen sind essenziell, besonders in der Kindheit.
  • Soziale Vergleiche:
    Der Vergleich der eigenen Fähigkeiten, Ansichten und Eigenschaften mit denen anderer.
  • Selbstreflexion:
    Die Beobachtung und Interpretation des eigenen Verhaltens und Erlebens.

Fazit

Das Selbstkonzept ist der umfassende Rahmen, der sowohl die neutrale Beschreibung (Selbstbild) als auch die Bewertung (Selbstwertgefühl) und die Motivation (Ideales Selbst) integriert. In vielen psychologischen Texten, insbesondere in älteren oder weniger differenzierten Übersetzungen, werden die Begriffe jedoch oft synonym verwendet, wobei Selbstkonzept heute der wissenschaftlich präzisere und bevorzugte Begriff ist.
Auf eine Formel gebracht, kann man sich den Zusammenhang der Komponenten so vorstellen:

Selbstkonzept = Selbstbild + Selbstwertgefühl + Ideales Selbst

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