Skills-Training
Skills-Training (oder Fertigkeitentraining) ist in der Psychologie und Psychotherapie ein praxisorientierter Ansatz, der darauf abzielt, dem Patienten konkrete, anwendbare Fähigkeiten (Skills) zur Bewältigung von Krisen, starken Emotionen und Stress zu vermitteln.
Es handelt sich um ein strukturiertes Programm, das häufig im Rahmen der Dialektisch-Behavioralen Therapie (DBT) von Marsha Linehan entwickelt wurde, ist aber heute eine gängige Methode in vielen Therapieformen.
Hauptziel und Anwendung
Das Hauptziel des Skills-Trainings ist die Verbesserung der Emotionsregulation, Impulskontrolle und zwischenmenschlichen Effektivität.
- Zielgruppe:
Ursprünglich entwickelt für Patienten mit der Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) und chronischer Emotionsdysregulation. Heute wird es auch erfolgreich bei PTBS, Suchterkrankungen, Essstörungen und Impulskontrollstörungen eingesetzt. - Grundidee:
Patienten lernen, dysfunktionale Verhaltensweisen (wie Selbstverletzung, Substanzmissbrauch oder Wutausbrüche) durch effektive, konstruktive Fertigkeiten zu ersetzen, wenn sie unter hohem emotionalen Stress stehen.
Die fünf Module des Skills-Trainings nach DBT
Das Training ist typischerweise in fünf Hauptmodule unterteilt, wobei jedes Modul spezifische Fertigkeiten vermittelt:
1. Achtsamkeit (Core Mindfulness)
- Inhalt:
Erlernen, im Hier und Jetzt präsent zu sein, ohne zu werten. Beobachten von Gefühlen, Gedanken und Körperempfindungen, ohne sofort reagieren zu müssen. - Zweck:
Basisfertigkeit, um aus dem Autopiloten auszusteigen und die eigenen Gefühle wahrzunehmen, bevor sie zur Überflutung führen.
2. Umgang mit Krisen (Stresstoleranz)
- Inhalt:
Vermittlung von Fertigkeiten, um akute emotionale Krisen zu überstehen, ohne die Situation zu verschlimmern. - Techniken (Beispiele):
- DISSOZIIEREN: Bewusstes Ablenken von der Krise (z. B. durch intensive Konzentration auf eine Aufgabe).
- AKUT-SKILLS (Intensive Skills): Gezielte Nutzung körperlicher Reize zur raschen Erregungsreduktion (z. B. Eiswürfel auf die Haut legen, scharfe Geschmäcker).
- PROS & KONS: Abwägung der Vor- und Nachteile von funktionalen und dysfunktionalen Bewältigungsstrategien.
3. Umgang mit Gefühlen (Emotionsregulation)
- Inhalt:
Identifizieren, Verstehen und Verändern intensiver Emotionen. - Techniken (Beispiele):
- Benennen von Emotionen.
- Überprüfung der Fakten (Ist meine emotionale Reaktion angemessen?).
- Gegenhandeln:
Bewusstes Ausführen des Gegenteils des emotionalen Impulses (z. B. bei Depression: Aktivität aufnehmen, anstatt sich zurückzuziehen).
4. Zwischenmenschliche Fertigkeiten (Interpersonal Effectiveness)
- Inhalt:
Erlernen, eigene Bedürfnisse klar zu äußern, Nein zu sagen und Konflikte effektiv zu lösen, ohne die Beziehung zu beschädigen oder das Selbstwertgefühl zu verletzen. - Techniken (Beispiele):
DEAR MAN oder FAST (Akronyme zur Strukturierung von Forderungen oder zur Verteidigung der eigenen Rechte).
5. Selbstwert und Lebensbalance
- Inhalt:
Aufbau von Selbstachtung, Förderung positiver Erfahrungen und langfristiges Setzen von Zielen. - Zweck:
Schaffung eines Lebens, das als lebenswert empfunden wird, um die allgemeine Vulnerabilität für Krisen zu reduzieren.
Durchführung
Skills-Training findet oft in Gruppen-Settings statt, wird aber auch in Einzeltherapien vermittelt. Die Methode ist sehr didaktisch: Die Fertigkeiten werden erklärt, demonstriert und dann von den Teilnehmern in Rollenspielen oder als Hausaufgaben im Alltag geübt. Das Hauptaugenmerk liegt auf dem Transfer der erlernten Skills in den tatsächlichen Krisenalltag.
« zurück zum Glossar-Index