Stressbewältigung

Die Stressbewältigung in der Psychologie befasst sich mit den Strategien und Methoden, die Menschen anwenden, um mit stressauslösenden Situationen (Stressoren) umzugehen, sie zu verarbeiten und die negativen Auswirkungen von Stress zu reduzieren.

Ein zentrales Modell ist das Transaktionale Stressmodell von Richard Lazarus und Susan Folkman. Es besagt, dass Stress nicht nur durch die Situation selbst entsteht, sondern maßgeblich durch die subjektive Bewertung dieser Situation und der eigenen Bewältigungsmöglichkeiten.

1. Das Transaktionale Stressmodell nach Lazarus

Dieses Modell beschreibt den Stressprozess in drei Phasen der Bewertung:

  1. Primäre Bewertung (Primary Appraisal):
    Die Person schätzt die Situation ein, ob sie irrelevant, positiv oder stresshaft (herausfordernd, bedrohlich oder bereits schädigend/verlustbehaftet) ist.
  2. Sekundäre Bewertung (Secondary Appraisal):
    Wenn die Situation als stresshaft bewertet wurde, schätzt die Person ihre vorhandenen Bewältigungsressourcen (Coping-Ressourcen) ab. Dazu gehören eigene Fähigkeiten, soziale Unterstützung, materielle Ressourcen etc. Je geringer die verfügbaren Ressourcen eingeschätzt werden, desto intensiver wird die Stressreaktion.
  3. Neubewertung (Reappraisal):
    Auf Basis des Bewältigungsversuchs und neuer Informationen kann eine Neubewertung der Situation oder der eigenen Ressourcen erfolgen, was den Stressprozess beeinflusst.

2. Psychologische Bewältigungsstrategien (Coping-Strategien)

Die Psychologie unterscheidet primär zwei Hauptformen des Copings:

A. Problemorientiertes Coping (Instrumentelles Stressmanagement)

Zielt darauf ab, den Stressor selbst zu verändern oder zu beseitigen.

  • Beispiele:
    • Zeit- und Selbstmanagement:
      Prioritäten setzen, Tagespläne erstellen, Aufgaben delegieren oder ablehnen („Nein sagen“).
    • Informationssuche und Problemlösung:
    • Gezielte Informationen einholen, um das Problem zu lösen.
    • Veränderung der Stressquelle:
      Den Arbeitsplatz oder die Arbeitsumgebung anders organisieren.

B. Emotionsorientiertes Coping

Zielt darauf ab, die emotionale Reaktion auf den Stressor zu verändern und die stressbedingte Erregung zu reduzieren.

C. Bewertungsorientiertes/Kognitives Coping (Mentales Stressmanagement)

Setzt an der subjektiven Bewertung der Situation an, um stressfördernde Gedanken zu erkennen und zu verändern.

  • Beispiele:
    • Positive Neubewertung:
      Eine Schwierigkeit nicht als Bedrohung, sondern als Herausforderung oder Lernmöglichkeit sehen.
    • Hinterfragen von Denkmustern:
      Stressverstärker wie Perfektionismus oder hohe Ansprüche an sich selbst erkennen und bewusst in realistischere, förderliche Gedanken umwandeln.
    • Achtsamkeit (Mindfulness):
      Das bewusste, nicht-wertende Wahrnehmen der Gegenwart, um inneren Abstand zu belastenden Gedanken und Gefühlen zu gewinnen.

3. Ressourcenaktivierung

Ein wichtiger Ansatz ist die Ressourcenaktivierung. Dabei geht es darum, die persönlichen Stärken, Fähigkeiten und positiven Erfahrungen sowie soziale und materielle Unterstützungssysteme (Ressourcen) bewusst zu machen und zu nutzen. Wer viele Ressourcen zur Verfügung hat, ist widerstandsfähiger (resilienter) gegenüber Stress.

Ressourcen können sein:

  • Innere Ressourcen:
    Optimismus, Humor, Selbstwirksamkeitsüberzeugung, Coping-Strategien, positive Werte.
  • Äußere Ressourcen:
    Stabiles soziales Netzwerk (Familie, Freunde), materielle Sicherheit, Zugang zu Bildung/Information.

Ziel ist es, den Blick vom Problem hin zur Lösungsorientierung zu lenken und das Gefühl der Selbstwirksamkeit zu stärken: die Überzeugung, dass man Probleme mit den eigenen Mitteln beeinflussen und bewältigen kann.

Fazit

Wirksame Stressbewältigung kombiniert in der Regel alle drei Bereiche (problemorientiert, emotionsorientiert, kognitiv), um sowohl die Ursachen als auch die Reaktionen auf Stress anzugehen und die persönliche Widerstandsfähigkeit (Resilienz) zu stärken.

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