Substanzinduzierte Störung

Substanzinduzierte Störungen sind eine Kategorie psychischer Störungen, die direkt und unmittelbar durch die Wirkung einer psychoaktiven Substanz (Medikamente, Drogen, Alkohol) verursacht werden.

Sie stellen psychische oder Verhaltensänderungen dar, die während oder kurz nach dem Konsum (Intoxikation) oder während des Entzugs der Substanz auftreten.

Das Spektrum Substanzinduzierter Störungen

Die induzierte Störung ähnelt oft einer primären psychischen Störung, ist aber eindeutig auf die Einnahme der Substanz zurückzuführen.

Störungstyp Beschreibung Typische Auslöser
Substanzinduzierte Psychose Akute Halluzinationen, Wahnvorstellungen oder Desorganisation des Denkens. Cannabis, Amphetamine, Kokain, Halluzinogene (LSD).
Substanzinduzierte affektive Störung Ausgeprägte depressive oder manische Phasen, die durch die Substanz ausgelöst werden. Alkohol (Depression), Kokain/Amphetamine (Manie während Intoxikation oder Depression im Entzug).
Substanzinduzierte Angststörung Panikattacken, generalisierte Angstzustände oder Phobien, die während der Intoxikation auftreten. Alkohol, Koffein, Amphetamine, Cannabis.
Substanzinduzierte Schlafstörung Schwere Insomnie oder Hypersomnie, die durch den Konsum oder Entzug entsteht. Alkohol, Sedativa, Stimulanzien.
Substanzinduzierte Delirium Akute Störung der Aufmerksamkeit und des Bewusstseins (oft während des schweren Entzugs). Alkohol (Delirium tremens), Sedativa.

Abgrenzung zur Abhängigkeit

Es ist wichtig, substanzinduzierte Störungen von Substanzgebrauchsstörungen (Abhängigkeit/Missbrauch) zu unterscheiden:

  • Substanzgebrauchsstörung:
    Fokus liegt auf dem zwanghaften Konsumverhalten und den negativen psychosozialen Folgen. Sie ist chronisch.
  • Substanzinduzierte Störung:
    Fokus liegt auf den psychischen Symptomen (z.B. der Psychose), die die direkte Folge der Substanz im Körper sind. Sie ist oft akut und reversibel.

In vielen Fällen verschwinden die induzierten Symptome, nachdem die Substanz vollständig abgebaut ist oder der Entzug beendet wurde. Wenn die Symptome länger anhalten (typischerweise über einen Monat hinaus), kann eine eigenständige, primäre psychische Störung vorliegen, die möglicherweise durch die Substanz nur getriggert wurde.

Häufige Störungen in Abhängigkeit der Substanz

Die Zuordnung von Substanzen zu den ausgelösten Störungen hängt stark von der Art der Substanz, der Dosis und dem Zustand (Intoxikation oder Entzug) ab.

Hier ist eine Übersicht über die häufigsten psychoaktiven Substanzen und die psychischen Störungen, die sie induzieren können (Substanzinduzierte Störungen):

Übersicht: Substanzinduzierte psychische Störungen

Substanzklasse Häufig Induzierte Störungen Zustand
Alkohol (Ethanol) Depressive Störung (während und nach dem Konsum) Intoxikation/Entzug
Angststörung (Rebound-Angst) Entzug
Delirium (Delirium tremens) Schwerer Entzug
Amnestische Störung (Korsakow-Syndrom) Chronischer Gebrauch
Cannabinoide (Cannabis, THC) Psychotische Störung (akute Paranoia, Halluzinationen) Intoxikation
Angststörung (Panikattacken) Intoxikation
Stimulanzien (Kokain, Amphetamine, Meth) Psychotische Störung (Paranoia, Wahn, Halluzinationen) Intoxikation
Bipolare Störung (manische Symptome) Intoxikation
Depressive Störung (im Absturz/Entzug) Entzug
Halluzinogene (LSD, Psilocybin, Ecstasy) Psychotische Störung (akute Intoxikation) Intoxikation
Anhaltende Wahrnehmungsstörung (Flashbacks) Post-Intoxikation
Sedativa & Hypnotika (Benzodiazepine, Barbiturate) Angststörung (Rebound-Angst, Panik) Entzug
Schlafstörung (schwere Insomnie) Entzug
Delirium (Verwirrtheit) Entzug
Opioide (Heroin, Fentanyl, Oxycodon) Affektive Störung (Depression) Entzug
Schlafstörung Entzug

Wichtige Hinweise:

  • Entzug vs. Intoxikation:
    Die Symptome können sich stark unterscheiden. Stimulanzien verursachen Manie/Euphorie in der Intoxikation, aber schwere Depression im Entzug. Alkohol verursacht Angst und Delirium im Entzug, aber oft Depression und Lethargie in der Intoxikation.
  • Triggern vs. Induzieren:
    Bei anfälligen Personen kann die Substanz eine bestehende oder latente psychische Störung (z.B. Schizophrenie oder bipolare Störung) triggern, die dann auch nach dem Entzug persistiert. In diesem Fall spricht man nicht mehr von einer rein „substanzinduzierten“ Störung.

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