Suizidalität
Wichtiger Hinweis: Wenn Sie oder jemand, den Sie kennen, akute Suizidgedanken hat, suchen Sie bitte sofort professionelle Hilfe.
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Wählen Sie den Notruf (z.B. 112 in Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern).
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Wenden Sie sich an die Telefonseelsorge (in Deutschland kostenlos und anonym: 0800 / 111 0 111 oder 0800 / 111 0 222).
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Weitere Adressen und Hilfsangebote finden Sie unter: „Hilfen im Notfall“.
Suizidalität (oder Suizidgefährdung) ist in der Psychologie und Psychiatrie ein komplexes Thema. Der Begriff umfasst alle Gedanken und Handlungen, bei denen es darum geht, den eigenen Tod anzustreben oder diesen als mögliches Ergebnis einer Handlung in Kauf zu nehmen.
Zum Spektrum der Suizidalität gehören:
- Suizidgedanken (flüchtige Ideen bis hin zu konkreten Plänen)
- Suizidabsichten und -pläne
- Suizidankündigungen (direkte oder indirekte Hinweise)
- Suizidversuche (nicht tödliche Handlungen mit Todesabsicht)
- Suizid (tödliche Selbsttötung)
In der Fachwelt wird meist der Begriff Suizid verwendet, da Bezeichnungen wie „Selbstmord“ wertend sind und fälschlicherweise eine kriminelle Handlung implizieren.
Psychologische Ursachen und Risikofaktoren
Über 90 % der Suizide erfolgen im Rahmen psychischer Erkrankungen. Suizidalität ist oft die Folge einer tiefen Verzweiflung, die als unerträglich schmerzhaft und hoffnungslos erlebt wird.
Häufige psychische Erkrankungen:
- Depressionen (häufigster Grund)
- Suchterkrankungen (Alkohol, Drogen)
- Schizophrenien
- Persönlichkeitsstörungen (z.B. emotional-instabile Persönlichkeitsstörung/Borderline)
- Angststörungen
Weitere psychologische Risikofaktoren:
| Kategorie | Beispiele |
| Vorbelastung | Frühere Suizidversuche, Suizide in der Familie/im Umfeld |
| Emotionen/Kognition | Hoffnungslosigkeit, Gefühle der Schuld oder Scham, Gefühl, eine Last für andere zu sein, Impulsivität, eingeengte Sicht auf Problemlösungen |
| Lebensereignisse | Kritische Lebensereignisse (Trennung, Verlust, Arbeitslosigkeit), traumatische Kindheitserfahrungen (Missbrauch) |
| Soziales Umfeld | Soziale Isolation, fehlende soziale Unterstützung, Beziehungskonflikte, Diskriminierung/Mobbing |
Warnsignale können auf eine akute Krise hinweisen
- Äußerung von Todeswünschen oder Suizidgedanken („Ich wünschte, ich wäre nicht mehr da.“)
- Konkrete Pläne oder das Recherchieren von Methoden
- Abschließen mit dem Leben: Verschenken wichtiger Besitztümer, Testament aufsetzen, Abschiedsbriefe verfassen
- Plötzliche, extreme Stimmungsänderungen (z.B. unerwartete, extreme Ruhe nach langer Niedergeschlagenheit, da eine Entscheidung getroffen wurde)
- Sozialer Rückzug
- Zunehmender Substanzkonsum (Alkohol, Drogen)
- Hoffnungslosigkeit und das Gefühl, „gefangen“ zu sein
Psychologische Schutzfaktoren
Dem Risiko stehen wichtige Schutzfaktoren entgegen, die die psychische Widerstandsfähigkeit stärken:
- Soziale Kompetenzen und tragende Beziehungen
- Selbstvertrauen
- Gute Problemlösestrategien und Bewältigungskompetenzen
- Berufliche/persönliche Perspektiven
- Religiosität/Spiritualität
Psychologische Behandlung
Bei akuter Suizidalität steht die Krisenintervention und der Schutz der Person an erster Stelle (häufig stationäre Aufnahme).
Ambulante und stationäre Behandlung umfasst:
- Sicherstellung der Sicherheit:
Entfernung gefährlicher Gegenstände, ggf. Einzelbetreuung. - Psychotherapie:
- Kognitive Verhaltenstherapie (KVT):
Hilfe beim Verstehen suizidaler Gedanken, Entwicklung von Bewältigungsstrategien und Alternativen. - Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT):
Besonders bei Impulsivität oder Borderline-Störungen; Fokus auf den Umgang mit Hochstress und die Entwicklung von Skills. - ASSIP (Attempted Suicide Short Intervention Program):
Kurzzeittherapie, um die Hintergründe der Krise zu klären und präventive Strategien zu entwickeln.
- Kognitive Verhaltenstherapie (KVT):
- Erstellung eines Notfallplans:
Ein strukturierter Plan, der festlegt, welche Schritte bei einer erneuten Krise zu unternehmen sind (Kontaktpersonen, Hilfsangebote). - Behandlung der zugrunde liegenden psychischen Erkrankung:
(z.B. Depression) durch Psychotherapie und/oder medikamentöse Therapie.