Traumafokussierte Kognitive Verhaltenstherapie (TF-KVT)
Die Traumafokussierte Kognitive Verhaltenstherapie (TF-KVT) ist ein evidenzbasiertes, hochstrukturiertes Therapieprogramm, das speziell für die Behandlung der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) und anderer stress– und trauma-assoziierter Störungen entwickelt wurde. Sie gilt als eines der wirksamsten Verfahren zur Bearbeitung traumatischer Erfahrungen.
Im Kern verbindet die TF-KVT klassische Techniken der KVT (wie die kognitive Umstrukturierung) mit spezifischen trauma-orientierten Konfrontationsmethoden, um eine emotionale und kognitive Verarbeitung der Erinnerung zu ermöglichen.
Ziel und theoretische Grundlage
Das Hauptziel der TF-KVT ist die Integration der traumatischen Erinnerung in das biografische Gedächtnis des Klienten, sodass sie als ein abgeschlossenes, vergangenes Ereignis und nicht mehr als aktuelle Bedrohung wahrgenommen wird.
Theoretisches Modell
Die TF-KVT basiert auf der Annahme, dass die PTBS durch zwei Hauptmechanismen aufrechterhalten wird:
- Fehlende Verarbeitung:
Die traumatische Erinnerung wurde aufgrund des extremen Stresses fragmentiert und emotional unverarbeitet gespeichert. Dies führt zu Intrusionen (Flashbacks, Albträume) und Übererregung. - Vermeidung:
Die Bemühungen, an die schmerzhafte Erinnerung zu denken oder Trigger-Situationen zu meiden (Vermeidungsverhalten), führen kurzfristig zu Entlastung, verhindern aber die korrigierende Erfahrung un die Verarbeitung der Angst. - Kognitive Verzerrungen:
Die traumatische Erfahrung führt zu negativen, oft globalen Überzeugungen („Ich bin schmutzig“, „Die Welt ist gefährlich“, „Ich bin hilflos“), die trotz besserem Wissens aufrechterhalten werden.
Die Drei Hauptphasen der Behandlung
Die TF-KVT ist modular aufgebaut und folgt einem festen, sicheren Ablauf, der in drei Hauptphasen unterteilt werden kann.
Phase 1: Aufbau von Sicherheit und Stabilisierung
Diese Phase ist essenziell und dient dem Erwerb von Fertigkeiten, um die intensive Belastung der späteren Konfrontation bewältigen zu können.
- Psychoedukation:
Aufklärung über die normalen Reaktionen auf ein Trauma, die Entstehung der PTBS und das Modell der TF-KVT. - Emotions– und Stressregulation:
Erlernen von Techniken zur Steuerung intensiver Gefühle. - Entspannungsverfahren:
Üben von Progressiver Muskelrelaxation (PMR) oder kontrollierter Atmung, um die physiologische Übererregung zu senken. - Distanzierungs- und Erdungstechniken (Grounding):
Erlernen von Strategien, um Flashbacks oder Dissoziation schnell zu unterbrechen und den Klienten ins Hier und Jetzt zurückzuholen (z. B. Konzentration auf die fünf Sinne).
Phase 2: Trauma-Exposition und Kognitive Verarbeitung
In dieser Phase steht die gezielte Konfrontation mit der Erinnerung im Fokus der Bearbeitung.
1. Konfrontation in sensu (Narrative Exposition)
- Der Klient wird angeleitet, die traumatische Erinnerung detailliert und wiederholt zu erzählen oder zu schreiben, wobei er alle sensorischen, emotionalen und kognitiven Details schildert. Dies geschieht in einem sicheren therapeutischen Rahmen.
- Die wiederholte Konfrontation führt zur Habituation (Gewöhnung). Die Erinnerung, die anfangs eine maximale Angst auslöste, verliert durch die fehlende tatsächliche Gefahr ihre intensive emotionale Färbung.
2. Kognitive Bearbeitung
- Parallel zur Exposition werden die kognitiven Verzerrungen (dysfunktionale Gedanken und Schuldgefühle) identifiziert und mithilfe klassischer KVT-Methoden bearbeitet.
- Beispiel: Die Negativkognition „Ich bin schuld am Geschehenen“ wird anhand der Fakten aus der narrativen Exposition geprüft und durch eine realistischere, adaptive Kognition („Ich habe getan, was ich tun konnte, um zu überleben“) ersetzt.
Phase 3: Integration und Reintegration in den Alltag
Die letzte Phase sichert die Übertragung der Lernerfolge in den Alltag.
- Konfrontation in vivo:
Gezielte, hierarchische Exposition gegenüber sicheren, aber vermiedenen Orten oder Situationen (Trigger im Alltag), um die Vermeidungsstrategien aufzugeben und eine reale Gefahrenprüfung zu ermöglichen. - Zukunftsplanung und Rückfallprophylaxe:
Fokus auf die Wiederherstellung von funktionalen Lebensbereichen (Arbeit, Beziehungen) und die Erstellung eines Plans zum Umgang mit möglichen Belastungen oder Rückfällen.
Die TF-KVT ist ein strenges, aber zeitlich begrenztes Verfahren, dessen Wirksamkeit in der klinischen Praxis und Forschung exzellent belegt ist.
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