Verhaltensanalyse

Die Verhaltensanalyse ist ein zentrales methodisches Vorgehen in der Psychologie, insbesondere in der Kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) und im Behaviorismus. Ihr Hauptziel ist es, ein problematisches Verhalten (z.B. eine Angst- oder Zwangshandlung, depressive Inaktivität) genau zu beschreiben, seine Ursachen und vor allem seine aufrechterhaltenden Bedingungen (Funktion) zu klären.

Zweck und Anwendung

Die Verhaltensanalyse dient als Grundlage für die Therapieplanung und umfasst typischerweise folgende Schritte:

  1. Deskriptive Analyse:
    Genaue Beschreibung des problematischen Verhaltens (was, wann, wie oft, wie lange?).
  2. Funktionale Analyse:
    Untersuchung der Bedingungen, unter denen das Verhalten auftritt und welche Konsequenzen es hat. Dies beantwortet die Frage: „Warum wird dieses Verhalten gezeigt?“
  3. Ableitung von Interventionszielen:
    Basierend auf der Analyse werden Ansatzpunkte für die therapeutische Veränderung identifiziert.

Das S-O-R-C-Modell

Das gebräuchlichste und bekannteste Schema für die funktionale Verhaltensanalyse in der KVT ist das S-O-R-C-Modell, das alle relevanten Einflussfaktoren auf ein Verhalten systematisch erfasst:

Komponente Bedeutung Fokus der Analyse
S: Stimulus (Situation) Auslösereize oder die spezifische Situation, die dem Verhalten vorausgeht. Extern (Chefkritik, volle U-Bahn) oder Intern (Körpersymptome, Intrusionen).
O: Organismus Individuelle Merkmale und interne Prozesse des Klienten. Kognitionen (Gedanken, Schemata), Emotionen, physiologische Zustände.
R: Reaktion (Verhalten) Das konkrete Problemverhalten des Klienten. Motorisch (Flucht), Kognitiv (Grübeln), Emotional (Angst).
C: Consequence (Konsequenzen) Die Folgen des Verhaltens, die dessen Auftretenswahrscheinlichkeit beeinflussen. Positiv/Negativ Verstärkend (Angstreduktion hält Vermeidung aufrecht) oder Bestrafend.

Durch das S-O-R-C-Modell wird beispielsweise deutlich, dass ein Vermeidungsverhalten (R) nicht wegen des ursprünglichen Reizes (S), sondern wegen der negativen Verstärkung durch die kurzfristige Angstreduktion (C) aufrechterhalten wird. Dies ermöglicht eine gezielte Intervention wie die Exposition mit Reaktionsverhinderung (ERP), die auf die Veränderung der Konsequenzen (C) abzielt.

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