Zwangskreislauf
Der Zwangskreislauf (oder Teufelskreis der Zwangsstörung) beschreibt, wie Zwangsgedanken und Zwangshandlungen sich gegenseitig aufrechterhalten und verstärken. Er ist das Kernmodell zum Verständnis der Zwangsstörung.
Die vier Phasen des Zwangskreislaufs
Der Kreislauf ist ein wiederkehrendes Muster, das die Störung chronifiziert:
1. Intrusion / Zwangsgedanke
Der Kreislauf beginnt mit einem unerwünschten und sich aufdrängenden Gedanken (Intrusion), einer Befürchtung oder einem Impuls, der als hochgefährlich oder inakzeptabel interpretiert wird.
- Beispiele:
- Die plötzliche Vorstellung, jemanden zu verletzen (aggressive Zwänge);
- die Befürchtung, sich mit Viren angesteckt zu haben (Kontaminationszwänge);
- der Zweifel, den Herd ausgeschaltet zu haben (Kontrollzwänge).
2. Angst und Anspannung
Die Intrusion löst sofort massive Angst, Ekel oder ein starkes Gefühl der Anspannung aus. Die Person empfindet diese Gefühle oft als unerträglich.
3. Zwangshandlung (Kompulsion)
Um die befürchtete Katastrophe zu verhindern und die quälende Angst zu reduzieren, führt die Person eine Zwangshandlung (Kompulsion) durch. Dieses Verhalten ist ritualisiert, oft übertrieben und logisch nicht notwendig.
- Beispiele:
- Exzessives, stundenlanges Waschen;
- wiederholtes Kontrollieren von Schlössern oder Elektrogeräten;
- gedankliches Zählen oder Wiederholen von Sätzen, um Unheil abzuwenden.
4. Kurzfristige Erleichterung und Verstärkung
Die Ausführung des Zwangsrituals führt zu einer kurzfristigen Reduktion der Angst. Dies ist eine negative Verstärkung, da das Gehirn lernt: „Das Ritual hat die Gefahr abgewendet.“
- Das Problem: Durch diese sofortige Entlastung lernt die Person nicht, dass die befürchtete Katastrophe auch ohne die Zwangshandlung nicht eingetreten wäre.
- Die Zwangshandlung wird somit als notwendig erachtet und für das nächste Mal fest im Verhaltensrepertoire verankert. Der Kreislauf beginnt von Neuem, oft mit verstärkter Intensität, da die Zwangshandlung nur kurz anhält und die Angst vor der nächsten Intrusion wächst.
Durchbrechen des Kreislaufs
Das Ziel der Exposition mit Reaktionsverhinderung (ERP) in der Verhaltenstherapie ist es, den Kreislauf in Phase 3 zu durchbrechen: Der Patient wird dem Auslöser ausgesetzt, muss aber die Zwangshandlung unterlassen. Er lernt, die entstehende Angst auszuhalten, bis sie durch Habituation von selbst abklingt, wodurch die Notwendigkeit des Rituals gelöscht wird.
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